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Tauziehen um serbisches Kirchengesetz

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In Serbien ist derzeit ein Tauziehen um das neue Kirchengesetz im Gange. Das Parlament in Belgrad hat das Gesetz vor knapp einer Woche beschlossen, doch Präsident Boris Tadic hat sich bisher geweigert, das Gesetz zu unterschreiben. Tadic hat gestern mit den führenden Kirchen über das Gesetz gesprochen, doch seine Entscheidung steht noch aus. Doch selbst wenn Tadic das Gesetz nicht unterschreibt, könnte das Parlament bei seiner nächsten Sitzung einen Beharrungsbeschluss fassen, obwohl auch Kirchen sowie Europarat und OSZE beträchtliche Bedenken gegen das neue Gesetz haben. Aus Belgrad berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz

Das serbische Gesetz über Kirchen und religiöse Gemeinschaften regelt deren Rechtsstellung aber auch Rechte und Pflichten des geistlichen Standes. Dazu zählt die Bestimmung, dass Geistliche nicht zu Aussagen vor Gericht über Informationen gezwungen werden können, die sie während der Beichte erhalten haben. Das Gesetz verbietet jede religiöse Diskriminierung und legt fest, unter welchen Bedingungen Kirchen vom Staat anerkannt werden. Dass es trotzdem massive Einwände gegen das Gesetz gibt, hängt damit zusammen, dass es viele Unklarheiten enthält. So hat die Orthodoxe Kirche mehr als 50 Einwände vorgebracht, die jedoch nur teilweise berücksichtigt wurden. So heißt es in Paragraph 20, dass für die Gründung einer religiösen Organisation entweder Unterschriften von mindestens einem Promille der volljährigen Staatsbürger oder von Ausländern mit ständigem Aufenthalt in Serbien beigebracht werden müssen. Das Wort „oder“ könnte bedeutet, dass bei der Anwesenheit von 100 Ausländern eines Staates bereits eine Unterschrift genügt, um diese Voraussetzung zu erfüllen. Die Orthodoxie forderte die Änderung dieser Bestimmung. Außerdem kritisiert etwa der Europarat, dass die Rechtsstellung kirchlicher Gesetze und Vorschriften nicht ausreichend definiert ist. Trotz aller Mängel ist es fraglich, ob das Gesetz noch aufzuhalten ist, denn unter den gegeben politischen Kräfteverhältnissen ist eine weitgehend Neufassung nicht durchsetzbar. Außerdem schafft das Gesetz immerhin einen rechtlichen Rahmen und gewährt den Kirchen Rechtssubjektivität. Hinzu kommt, dass dieses Gesetz die politische Voraussetzung für das Gesetz über die Restitution kirchlichen Eigentums ist, das demnächst vom Parlament erörtert werden soll.

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