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TV-Frequenzvergabe in Serbien

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Berichte Serbien


In Serbien herrschte unter Slobodan Milosevic in den 90-iger Jahren nicht nur ein politisches, sondern auch ein mediales Chaos. In einem Land mit 7,5 Millionen Einwohnern existierten geschätzte 250 bis 300 Fernsehstationen und 800 Radio-Sender. Dieses Chaos überdauerte den Sturz von Milosevic um fast sechs Jahre. Denn erst in dieser Woche hat die vom serbischen Parlament bestellte Rundfunkagentur einen ersten Schritt zur Ordnung des elektronischen Medienmarktes gesetzt. Neben dem staatlichen Fernsehen mit seinen zwei Kanälen erhielten auch fünf private Stationen eine nationale Sendefrequenz. Vergeben wurden auch fünf nationale Radiofrequenzen. Dass es bei dieser Vergabe durchaus einige Ungereimtheiten gegeben hat und noch so manche Probleme und Fragen zu lösen sind, berichtet aus Belgrad unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Die Serbien sind ein fußballbegeistertes Volk, und ihr Team nimmt an der Weltmeisterschaft in Deutschland teil. Ob die Serben WM-Spiele auch sehen können, ist offen. Denn bei der Vergabe der Frequenzen ging jener Sender leer aus, der die Übertragungsrechte hält. Es ist dies der Sender BK, des bei der Regierung in Ungnade gefallenen Magnaten Bogoljub Karic. Der Sender will die Rechte nicht verkaufen; doch seine finanzielle Lage ist sehr angespannt und daher ist es fraglich, ob es bei dieser Linie bleibt. Mögliche Käufer sind der staatliche Sender RTS und der Privatsender PINK. Beide haben einen Marktanteil von etwa 24 Prozent und sind Marktführer in Serbien. Pink setzt vor allem auf Unterhaltung und hat eine der fünf nationalen Frequenzen bekommen. Damit konnte Gründer Zeljko Mitrovic seinen Sender endgültig in die neue Zeit zu retten; denn seinen Aufstieg verdankt auch Mitrovic seinen guten Beziehungen zur Familie von Slobodan Milosevic. Die anderen vier Frequenzen gingen an B 92, das mediale Flaggschiff der Opposition in der Ära Milosevic, an die FOX-Gruppe des Medienmoguls Rupert Murdoch, an die Avala-Gruppe und an den serbischen Gemeinschaftssender Kosova-Happy. Gerade die beiden letzt genannten wecken beträchtliche Zweifel an der Auswahl, die bisher nicht begründet wurde. So ist Avala ein Konsortium serbischer Firmen, das noch nie einen TV-Sender betrieben hat, dafür aber über Einfluss und viel Geld verfügt. Kosova-Happy sind zwei Sender, die nun ein Programm betreiben werden, bisher aber einen Marktanteil von weniger als einem Prozent haben. BK-Televisija hat dagegen 12 Prozent. Alle unterlegenen Stationen werden den Betrieb bald einstellen müssen. Die Marktbereinigung ist damit aber noch nicht zu ende, betonte der Medienforscher Srdjan Bogosavljevic:

„Wir haben praktisch sechs verkaufte Kanäle, das ist für ein jährliches Werbebudget von derzeit 60 Millionen Euro zuwenig Geld für derart viele TV-Stationen. Daher kann man nur überlegen, ob sich dieses Budget im Laufe der kommenden zwei Jahre verdoppeln kann oder nicht. Denn nur dann gäbe es für alle Stationen einen Werbekuchen, der groß genug ist, doch das hängt nicht von den TV-Stationen ab.“

Unterlegen ist bei der Frequenzvergabe auch der große Sender RTL. Gewonnen hat dagegen eine der fünf nationalen Radiofrequenzen der Sender Radio-S. Er gehört dem Generalsekretär der Milosevic-Sozialisten, auf deren Unterstützung die Regierung im Parlament angewiesen ist; das ist ein weiterer Hinweis dafür, dass die Politik bei der Frequenzvergabe eine Rolle gespielt hat.

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