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Lage vor Kosovo-Verhandlungen

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Berichte Serbien
Vor sechs Wochen haben die Verhandlungen zwischen Albanern und Serben über den endgültigen Status des Kosovo begonnen. Am Beginn stand eine Pendeldiplomatie der beiden UNO-Vermittler, des Finnen Marti Ahtisaari und des Österreichers Albert Rohan. Sie haben in Belgrad und Prishtina versucht, die starren Fronten aufzuweichen. Vor allem in der Frage des völkerrechtlichen Status sind die Gegensätze kaum zu überbrücken. Die Albaner fordern die Unabhängigkeit, die Serben sind strikt dagegen. Gespräche über andere konkrete Themen sollen Ende Jänner in Wien beginnen. In Wien hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz mit Albert Rohan gesprochen und folgenden Bericht über die bevorstehenden Kosovo-Verhandlungen gestaltet:

Im Kosovo und in Serbien sind in der Bevölkerung die Erwartungen sehr hoch, denn auf schmerzliche Kompromisse wurden weder Albaner noch Serben durch ihre Regierungen vorbereitet, vor allem was die Frage der Unabhängigkeit betrifft. Über Ziel und Ergebnis der bisherigen Gespräche mit beiden Seiten sagt daher der stellvertretende UNO-Verhandler Albert Rohan:

„Wir wollten auch, dass sowohl in Belgrad und Pristhina ein größerer Realitätssinn Platz greift, dass die Albaner nicht glauben, dass die von ihnen gewünschte sofortige Unabhängigkeit ihnen in den Schoß fällt, sondern dass sie auch Kompromisse machen müssen, dass sie sich auch um die Beziehungen zu den Minderheiten, vor allem zur serbischen Minderheit bemühen müssen, und das tun sie auch. Und in Belgrad wollten wir vor allem erreichen, dass wir über konkrete Dinge sprechen können, dass die Verhandlungen auch über konkrete Themen beginnen und das wird im konkreten Fall die Dezentralisierung sein.“

Dezentralisierung ist deshalb ein heißes Eisen, weil damit auch der Schutz der Serben und anderer Minderheiten verbunden ist. Die Positionen beider Seiten beschreibt Rohan so:

„Der Hauptunterschied ist, dass die serbische Seite eine horizontale Verbindung zwischen den Gemeinden wünscht, d.h., eine Zusammenarbeit aber in einer institutionalisierten Form, etwa eines Verbandes der serbischen Gemeinden und dass dieser Verband auch noch eine institutionalisierte Verbindung zu Serbien selbst haben soll. Und das wird von albanischer Seite irgendwie als eine Vorstufe zu einer möglichen Teilung angesehen und daher abgelehnt.“

Zu achten haben die Vermittler auch darauf, dass der Kosovo nicht zu einem unfinanzierbar komplizierten Staatswesen wird. Albert Rohan:

„Wir werden keiner Lösung zustimmen, die unfunktionell ist, und da haben wir ja das negative Beispiel von Bosnien, und das trifft das erste Thema, das wir beraten werden, nämlich Dezentralisierung ist ein Beispiel. Man kann nicht endlos kleine Gemeinde schaffen, weil das nicht finanzierbar ist. Also wir werden sehr wohl darauf schauen, dass wir kein frankensteinsches Monstrum schaffen, sondern ein Gemeinwesen, welches funktioniert.“

Gleichzeitig soll auch über den Schutz serbischer Kirchen, über die Rückkehr der Flüchtlinge sowie über Wirtschaftsfragen verhandelt werden. Ziel der Vermittler ist es, binnen Jahresfrist eine Grundsatzeinigung zu erzielen, wobei die Lösung mancher Fragen durchaus länger dauern kann:

„Schulden, Eigentumsrechte sind überaus kompliziert, und je tiefer man hineinblickt, desto komplizierter werden sie. Ich glaube nicht, dass wir diese Fragen vor einer Lösung regeln werden. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass hier eine Schiedsgerichtsbarkeit herangezogen wird, die längere Zeit dauert.“

Am umstrittensten ist und bleibt jedoch die Frage des internationalen Status. Sollten Serben und Albaner keinen Kompromiss finden, hält es Albert Rohan daher für möglich, dass schließlich der UNO-Sicherheitsrat zu entscheiden hat, ob der Kosovo unabhängig wird oder nicht.

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