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Beginn der Kosovo-Verhandlungen durch UNO-Vermittler

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Berichte Serbien
Im Kosovo beginnen heute die ersten Gespräche über den endgültigen Status dieser ehemals serbischen Provinz. Seit dem NATO-Krieg vor sechs Jahren wird der Kosovo, der etwa so groß ist wie Tirol, von der UNO verwaltet und von einer Friedenstruppe kontrolliert. Doch dieser Schwebezustand ist auf die Dauer nicht aufrecht zu erhalten. Daher soll nun der internationale Status der Provinz in Gesprächen mit Belgrad und Prishtina festgelegt werden. Geleitet werden die Verhandlungen im Auftrag der UNO vom früheren finnischen Präsidenten Martti Ahtisaari; sein Stellvertreter ist der Österreicher Albert Rohan; der als ehemaliger Generalsekretär des Außenministeriums ebenfalls über langjährige diplomatische Erfahrung verfügt und sich auch intensiv mit dem Balkan befasst hat. Über die Ausgangslage vor den Verhandlungen berichtet aus der Kosovo-Hauptstadt Prishtina unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz

Vor Beginn der Kosovo-Verhandlungen haben sich Serben und Albaner in ihren Grundpositionen noch ein Mal einzementiert. So verabschiedete das Parlament in Prishtina eine Resolution, in der die Forderung nach Unabhängigkeit bekräftigt wird. Eine Resolution wird heute auch das Parlament in Belgrad verabschieden, nur eben mit umgekehrten Vorzeichen, denn in dem Text wird die Unabhängigkeit des Kosovo klar abgelehnt. Verwiesen wird in der Resolution auf die Möglichkeit, in Serbien ein Referendum über das Ergebnis der Kosovo-Gespräche abzuhalten. Eine derartige Volksabstimmung wäre nach der Verfassung sogar unausweichlich, sollte es zur Abspaltung der Provinz kommen. Die Ausgangspositionen sind somit festgefahren. Daher werden die UNO-Verhandler, der Finne Martti Ahtisari und sein Stellvertreter, der Österreicher Albert Rohan, zunächst auch mit Themen beginnen, wo Kompromisse möglich sind. Das betrifft etwa Minderheitenschutz, die Rückkehr von Flüchtlingen, Dezentralisierung, Energieversorgung und andere praktische Probleme wie die Teilnahme der Kosovo-Serben an den Institutionen der Provinz. Bei all diesen Fragen können Ahtisaari und Rohan auf umfangreiche Vorarbeiten zurückgreifen, die etwa auch Kaj Eide geleistet hat. Dieser norwegische Diplomat hat im Sommer die Positionen der Streitparteien und den Ist-Zustand in der Provinz erhoben. Außerdem haben die USA, Russland, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien im Rahmen der so genannten Kontaktgruppe bereits Rahmenbedingungen für den Status des Kosovo festgelegt. Demnach wird ein Anschuss der Provinz an einen Nachbarstaat ebenso ausgeschlossen wie die Teilung des Kosovo oder die Rückkehr zum Status vor dem NATO-Krieg im Sommer 1999. Somit bleiben nur Autonomie und Unabhängigkeit oder ein Zwischending. Doch bis dieser Schlussstein gesetzt werden kann, werden Ahtisaari und Rohan zwischen ihrem Büro in Wien, Brüssel sowie Belgrad und Prishtina pendeln, denn die Albaner sind derzeit noch nicht zu direkten Verhandlungen mit Serbien bereit. Zu berücksichtigen haben die UNO-Verhandler aber auch den regionalen Aspekt, weil jede Status-Entscheidung auch Auswirkungen auf den Balkan hat. Das gilt insbesondere für Albanien, Mazedonien und Montenegro, wo ebenfalls albanische Volksgruppen leben. Neben all diesen unterschiedlichen Interessen erschweren noch weitere drei Probleme die Status-Gespräche. Dazu zählt auf serbischer Seite der Umstand, dass die Koalitionsregierung selbst sehr heterogen ist und im Parlament nur über eine sehr knappe Mehrheit verfügt. Außerdem sind die Interessen zwischen Serben und Kosovo-Serben nicht deckungsgleich; das kann sich vor allem in Detailfragen auswirken. Unterschiedlich sind – abgesehen von der Forderung nach Unabhängigkeit – auch die Positionen der Albaner. Hinzu kommen das fortgeschrittene Krebsleiden von Präsident Ibrahim Rugova und extremistische Kräfte im Kosovo, die mit Anschlägen drohen, sollte die Unabhängigkeit nicht rasch erreicht werden. Wann und wie eine Lösung gefunden werden kann, ist somit offen; das Mandat der UNO-Verhandler ist jedenfalls auf ein Jahr befristet.

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