Entrüstung über die NATO
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Berichte Serbien
„Verrat“, „Die NATO pflügt Serbien um“ – lauten die extremsten Schlagzeilen in der serbischen Presse über das technische Abkommen zwischen dem Staatenbund Serbien-Montenegro und dem Militärbündnis. Geregelt wird etwa, wer etwa die Haftung für Unfälle übernimmt, die bei NATO-Transporten auf serbischem Gebiet stattfinden, wobei den NATO-Soldaten dabei diplomatische Immunität zugestanden wurde. Abkommen ähnlichen Inhalts haben auch andere Staaten des ehemaligen Jugoslawien mit der NATO unterzeichnet. Im Fall Serbiens liegt der Vorteil für das Militärbündnis darin, dass nun Truppen leichter von Bosnien oder Ungarn in den Kosovo verlegt werden können. Für Belgrad ist der Vertrag ein weiterer Schritt in Richtung NATO-Programm „Partnerschaft für den Frieden“, dem Serbien bisher nur deshalb noch nicht beitreten konnte, weil der mutmaßliche Kriegsverbrecher Ratko Mladic noch nicht an das Haager Tribunal ausgeliefert worden ist. Das fördert zwar nicht gerade die Popularität der NATO, doch ihre starke Ablehnung in nationalistischer Presse und Bevölkerung hat zwei andere Gründe. So ist Serbien das einzige Land, gegen das die NATO je Krieg geführt hat, wobei der damit verbundene Verlust des Kosovo nach wie vor eine schmerzende Wunde für die serbische Volksseele ist. Zweitens hat Serbien Russland nie als Bedrohung empfunden, ein Gefühl das die Staaten Mittel-Osteuropas zum NATO-Beitritt veranlasst hat. Die Kritik der nationalistischen Presse fällt daher in Serbien durchaus auf fruchtbaren Boden und die politische Elite ging weitgehend auf Tauchstation. So ließ Ministerpräsident Vojislav Kostunica erklären, er sei vom Inhalt des Vertrages erst nach dessen Unterzeichnung informiert worden. Sollte das mehr sein als nur eine zweifelhafte Ausrede, stellt sich sofort die Frage, wie ernst ein Staat zu nehmen ist, dessen wichtigster Politiker keine Ahnung von derart sensiblen Verträgen hat. Ist Kostunicas Erklärung jedoch nur eine Flucht vor der serbischen Öffentlichkeit, so hat er damit jedenfalls Außenminister Vuk Draskovic desavouiert und der Westintegration Serbiens einen Bärendienst erwiesen, weil er auf nationalistische Angriffe nicht entsprechend reagiert hat.