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Verhandelt serbische Regierung mit Ratko Mladic?

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Berichte Serbien
Die Regierung in Serbien verhandelt angeblich mit dem mutmaßlichen Kriegsverbrecher Ratko Mladic über die Bedingungen für seine Auslieferung an das Haager Tribunal. Das schreibt das in Belgrad erscheinende Wochenmagazin „Europa“ in seiner heutigen Ausgabe unter Berufung auf höchste, allerdings anonyme Regierungskreise. Ratko Mladic war während des Krieges in Bosnien General der bosnischen Serben. Er soll hauptverantwortlich für das Massaker an etwa 7.800 Bosnjaken in Srebrenica sein, das sich Mitte Juli zum 10. Mal jährt. Mladic ist der schwerwiegendste noch offene Fall zwischen dem Haager Tribunal und Serbien, denn sein Weggefährte und mutmaßlicher Kriegsverbrecher Radovan Karadjic dürfte sich nicht in Serbien verstecken. Über die angeblichen Verhandlungen zwischen Ratko Mladic und der serbischen Regierung berichtet aus Belgrad Christian Wehrschütz

Die intensiven Verhandlungen zwischen General Ratko Mladic und der serbischen Regierung von Ministerpräsident Vojislav Kostunica sollen bereits zwei Wochen dauern. Nach Angaben des Wochenmagazins „Europa“ führen die Verhandlungen Kostunicas Kabinettschef Alexander Nikitovic und zwei Mladic-Vertraute, die dem General seit Beginn seiner militärischen Karriere gedient haben. Beteiligt an den Gesprächen ist angeblich auch der russische Geheimdienst, der ebenfalls Mladics Vertrauen genießen soll. Russland wurde wiederholt als möglicher Aufenthaltsort von Mladic und anderen mutmaßlichen Kriegsverbrechern genannt. Außerdem soll Mladic verlangen, dass er nach seiner Verurteilung durch das Haager Tribunal seine Haftstrafe in Russland verbüßen dar. Als weitere Bedingungen für seinen Abgang nach Den Haag fordert Mladic nach Angaben des Wochenmagazins „Europa“ eine dauerhafte finanzielle Absicherung für seine Familie und seine Leibwächter sowie eine besondere medizinische Versorgung während der Untersuchungshaft in den Niederlanden. Mladic soll vor drei Jahren einen leichten Schlaganfall erlitten und noch andere gesundheitliche Probleme haben. Das soll einer der Gründe sein, warum Mladic nun wieder bereit sein soll, ernsthaft über seine Übergabe zu verhandeln. Derartige Gespräche haben offensichtlich bereits nach dem Sturz von Slobodan Milosevic vor knapp fünf Jahren stattgefunden, verliefen aber ergebnislos. Hinzu kommt, dass damals die Reformregierung kaum in der Lage war, Armee, Polizei und Geheimdienste zu kontrollieren, die als Mladics Schutzpatrone gelten. Diese Kontrolle hat sich inzwischen verbessert und auch die außenpolitischen Rahmenbedingungen haben sich geändert. So stehen im Herbst Gespräche über die weitere EU-Annäherung Serbiens und über den endgültigen Status des Kosovo bevor. In beiden Verhandlungen hätte Serbien eine bessere Position sollte bis dahin der Fall Mladic gelöst sein. Mladic ist auch das Haupthindernis für eine Teilnahme Serbiens am NATO-Programm „Partnerschaft für den Frieden“. Diese Ausgangslage, das Lob der Chefanklägerin Karla Del Ponte bei ihrem jüngsten Besuch in Belgrad sowie klare Äußerungen von Vojislav Kostunica können jedenfalls als Indizien dafür gewertet werden, dass im Fall Mladic etwas im Busch ist. Die Angaben des Wochenmagazins „Europa“ klingen daher plausibel und der Artikel ist auch zeitlich gut platziert. Denn heute ist die Nummer drei des amerikanischen Außenministeriums, Nikolas Burns, in Belgrad. Er ist für eine rasche Klärung der Kosovo-Frage. Die USA haben Serbien jedenfalls eine Sechs-Monats-Frist gesetzt, die demnächst endet, um den Fall Mladic zu lösen. Denn für den Westen wäre es wohl eine Schande, sollte bis zum 10. Jahrestag des Massakers in Srebrenica am 11. Juli, nicht wenigstens einer der Hauptverantwortlichen für diesen Völkermord in Den Haag gelandet sein.

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