× Logo Mobil

Der serbische Berlusconi ? Porträt Bogoljub Karic

Radio
Europajournal
Berichte Serbien
Serbischer Berlusconi, Serbischer Rockefeller, Milosevic-Magnat sind einige der Attribute mit denen Bogoljub Karic in Serbien bedacht wird. Karic besitzt ein Firmen- und Medienimperium und soll zu den reichsten Männern Serbiens zählen. Doch der 50-jährige Karic ist auch einer der wenigen Superreichen, der die Öffentlichkeit nie gescheut hat. Daher ist er auch das Symbol für jene Serben, die ihren Aufstieg auch den engen Beziehungen zur Familie Milosevic verdanken, und denen es gelungen ist,

deren Sturz zu überleben. Doch Karic ist nicht mehr nur Geschäftsmann. Im Frühling trat er bei der Wahl des serbischen Präsidenten an und belegte mit 18 Prozent den dritten Platz. Wenig später gründete Karic seine Partei PSS, die „Bewegung der Kraft Serbiens“. Bei den Lokalwahlen im Herbst erzielte sie einen Achtungserfolg. Nach Umfragen liegt die PSS mit acht Prozent an vierter Stelle in Serbien und dürfte somit bei möglichen vorgezogenen Parlamentswahlen im Frühjahr klar den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen. Angesichts der wachsenden politischen Polarisierung in Serbien könnte Karic bei der Regierungsbildung eine Schlüsselrolle zufallen. In Belgrad hat unser Korrespondent Christian Wehrschütz mit Bogoljub Karic, Politikern und Intellektuellen über das Phänomen Karic gesprochen und folgendes Porträt gestaltet:

Die Geschichte des Bogoljub Karic ist die Geschichte des Aufstieges einer armen serbischen Familie aus dem Kosovo. Dort wurde Bogoljub in der Stadt Pec als jüngstes von fünf Kindern im Jänner 1954 geboren. Nach der Schule erwirbt er 1991 in der südserbischen Stadt Nis an der Wirtschaftsfakultät seinen Magistertitel. Das Thema seiner Diplomarbeit „Organisation und Entwicklung der kleinen Wirtschaft“ hat er zu diesem Zeitpunkt längst in die Praxis umgesetzt. In der Band „Blaue Sterne“ spielt er mit seinen drei Brüdern bei Hochzeiten und investiert das Geld in Firmen im Kosovo. In einer Garage werden Büromaschinen repariert und ein Fotogeschäft wird gegründet, das zum ersten Mal im Kosovo auch Farbbilder entwickelt. Über seine Jugend sagt Bogoljub Karic:

„Von an Kindheit habe ich Geschäfte gemacht. Mit albanischen Freunden haben wir bereits Tausende Ziegel hergestellt und verkauft als ich noch in die Grundschule ging. Denn der Kosovo ist arm und die Menschen müssen von Kindheit an arbeiten. Jeden Sonntag haben wir irgendwo beim Hausbauen geholfen, haben wir Zement gemischt, die Kanalisation gegraben und Geld für Schule, Kleidung und andere Dinge verdient“

Karic ist klein und von gedrungener Gestalt. Seine Haare sind ebenso dunkel wie seine Augen, die Bauernschlauheit verraten. Der ehemalige Karatekämpfer will seine erste Million DM bereits mit 16 Jahren verdient haben. Sicher ist, dass Karic bereits reich war, ehe in der Ära Milosevic seine große Stunde schlug. Dazu trug auch bei, dass Karic früh in das Russland-Geschäft einstieg. Seine Baufirmen in der ehemaligen Sowjetunion sollen 8.000 Mitarbeiter beschäftigen, während es in Serbien 4.700 sind. In Serbien sind die Jahre 1993 bis 1995 die Schlüsseljahre seines Erfolges. Karic gründet die erste private Universität, einen TV-Sender, eine Bank, den ersten Mobiltelefonanbieter „Mobtel“ sowie den ersten Internetprovider. Karic ist Nachbar und Freund der Familie von Slobodan Milosevic. Das Verhältnis ist nicht immer spannungsfrei, doch Karic riskiert keinen Bruch, obwohl er auch Oppositionsparteien finanziert. Karic gibt die Bücher von Milosevics Frau Mira Markovic heraus und finanziert deren Reisen. Auch beim Transfer von Vermögen ins Ausland und bei der Umgehung internationaler Sanktionen soll Karic Milosevic geholfen haben, doch Beweise fehlen. Für einige Monate ist er sogar Minister ohne Geschäftsbereich. Zur Ära Milosevic sagt Karic:

„Slobodan Milosevic war ein sehr schlechter Politiker. Er hatte Charisma und eine enorme Führungsposition, doch er führte das Volk in die falsche Richtung, die in die völlige Isolation statt zur Integration in die EU mündete. Statt den Kosovo zu unserem Vorteil und zur Zusammenarbeit mit Albanien und Europa zu nützen, kamen wir in eine Konfliktposition, die Serbien und Montenegro gewaltigen Schaden zufügte.“

Schaden droht nach der Wende in Serbien auch dem Karic-Klan. Ministerpräsident Zoran Djindjic führt für die größten Profiteure der Ära Milosevic eine Sondersteuer ein. Karic wird verpflichtet, 40 Millionen Euro zu zahlen. Im Herbst 2001 muss er hinnehmen, dass Nationalbankpräsident Mladjan Dinkic die Bank des Klans schließt. Sie hatte massiv gegen Gesetze verstoßen und auch Schulden von Karic-Betrieben in Höhe von 17 Millionen Euro nicht eintreiben können. Beglichen wurde diese Schuld schließlich von der Firma Mobtel, mit etwa einer Million Kunden zweitgrößter Mobilfunkbetreiber. Mobtel ist das Herzstück des Karic-Imperiums in Serbien. Eine russische Karic-Tochterfirma hält 51 Prozent, der Rest gehört der staatlichen Post. Doch die Eigentumsverhältnisse sind umstritten. So legte die Regierung im April dieses Jahres ein Gutachten vor, wonach in Wahrheit der Staat Mehrheitseigentümer ist. Außerdem wird Karic beschuldigt, seit der Gründung von Mobtel keine Dividende gezahlt zu haben und dem Staat daher 250 Millionen Euro zu schulden. Zum Fall Mobtel sagt der Parlamentsabgeordnete und ehemalige Aufsichtsratspräsident der Post Dragor Hiber:

„Alles was sich seit der Gründung von Mobtel im Zusammenhang mit dieser Firma bis heute ereignet, ist ein Symbol dafür, dass in Serbien die elementaren Grundlagen des Rechtsstaates und die Regeln des Marktes nicht gegeben sind. Karic hat es immer wieder verstanden, seinen Einfluss geltend zu machen. Das hat verhindert, dass der Fall Mobtel juristisch zuende gebracht werden konnte.“

Diesem Zweck könnte auch Karics Einstieg in die Politik dienen. Dazu sagt die serbische Intellektuelle Sonja Licht:

„Karic hat im Grunde keine Ideologie. Karic hat nur eine einzige Ideologie, die darin besteht, dass er seinen Reichtum bewahren will.“

Karic selbst sieht das anders. Seinen Wechsel in die Politik begründet er durch einen Vergleich mit dem Aufstieg von Silvio Berlusconi in Italien:

„Geschäftsleute wie Silvio Berlusconi wie all die großen Gestalter in der Welt denken ähnlich, auch wenn sie einander nie gesehen haben. Wir alle haben eine ähnliche Vision, wie wir die Welt besser machen können, damit das Volk schöner leben kann und die Menschen besser und friedlicher auf diesem Planeten leben können. Wir, die wir eine Vision haben, und die wissen wie, haben die Verpflichtung, das zu tun. Berlusconi, ich und alle anderen haben dieses Ziel. Wir gehen nicht in die Politik, um uns zu bereichern, denn wir sind schon reich. Wir wollen andere reich machen.“

Karic verspricht Arbeit und Brot jenseits aller Ideologien, sowie eine Abrechnung mit Kriminalität, Korruption und mit Politikern, die nicht nur er für unfähig hält. Zugute kommt Karic dabei eine Eigenschaft, die der Meinungsforscher Srdjan Bogosavljevic so beschreibt:

„Er ist kein Heuchler. So hat er seine Beziehungen zu Slobodan Milosevic und dessen Familie nie bestritten. Bestritten hat er auch nie, dass er sich dadurch bereichert hat. Er sagt nur, ich war dabei erfolgreich, andere nicht. Er repräsentiert einen serbischen Traum, der dem amerikanischen Traum entspricht..“

Diesen Traum verkörpert Karic nicht nur, er kann ihn auch verkaufen. Dazu sagt Srbobran Brankovic, der Leiter des Meinungsforschungsinstitutes Gallup in Serbien:

„Karic hat die intuitive Gabe, mit einfachen Menschen zu kommunizieren. Er spricht die Sprache des einfachen Volkes, will auch gar nicht anders sprechen, oder kann es nicht besser. So erleben ihn die Menschen als Mann aus dem Volk, obwohl er der Taycoon von Milosevic ist. Vergessen wurde, wie er zu seinem Geld gekommen ist. Das ist ein Zeichen für die Krise der Werte, doch in diesem Land wird vieles vergessen. Denn wir leben ein nicht normales Leben mit vielen dramatischen Ereignissen, die vorhergehende überdecken. So leben wir nur in der Gegenwart, weil wir keine Zeit haben zurück zu blicken oder nach vorne zu schauen.“

In dieser Zeit der Krise ist es Karic gelungen, zu einem politischen Faktor zu werden.

Seine Wähler entstammen vor allem der ursprünglich ländlichen Bevölkerung, die in die Städte gezogen ist, doch auch viele Gewerbetreibende und Kleinunternehmer sind darunter. Sie alle sind von etablierten Parteien enttäuscht. Bei den Popularitätswerten liegt Karic gemeinsam mit Ministerpräsident Vojislav Kostunica am dritten Platz. Bei den Lokal- und Regionalwahlen im Herbst konnte er seine Bewegung der Kraft Serbiens in Gemeinden und in der Provinz Vojvodina verankern. In der Vojvodina bildet Karic mit der demokratischen Opposition die Regierung. Ein Bündnis geschlossen hat er aber auch mit einer serbischen Regierungspartei. Bogoljub Karic hat somit gute Chancen zumindestens einen Teil seines Imperiums zu retten, denn der Aufklärungswille der Regierung im Fall Mobtel hat spürbar nachgelassen. Ob Karic aber auch zu einem positiven politischen Faktor in Serbien werden kann, ist nicht auszuschließen, muss aber bezweifelt werden.

Facebook Facebook