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Ausschreitungen gegen Ungarn in der Vojvodina

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Berichte Serbien


In Serbien ist es in diesem Jahr vermehrt zu Übergriffen auf nationale Minderheiten gekommen. Betroffen sind vor allem die Ungarn als größte Minderheit, die im Norden in der Provinz Vojvodina leben. Wegen dieser Vorfälle hat sich Ungarn an Europarat, NATO und EU gewandt. Die Regierung in Budapest will damit Druck auf Serbien ausüben, damit die Minderheit in der Vojvodina besser geschützt wird. Unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz hat in diesen Tagen die Vojvodina besucht und den folgenden Bericht über das Zusammenleben der serbischen Mehrheit mit den Ungarn und anderen Minderheiten gestaltet:

Im alten Jugoslawien war die Vojvodina im Norden Serbiens eine Provinz mit großer Autonomie. Slobodan Milosevic beseitigte diese Autonomie und legte auch damit die Brandfackel, die zum blutigen Zerfall Jugoslawiens führte. Politischer Druck, Wirtschaftskrise und die Kriege in Kroatien, Bosnien und im Kosovo veränderten auch das Bild der Vojvodina. Kroaten wurden vertrieben, Ungarn wanderten ab und vertriebene Serben zogen zu. Trotzdem blieb die Vojvodina ein Vielvölkergemisch. Die Provinz zählt zwei Millionen Einwohner, mehr als 30 Minderheiten, von denen die 340.000 Ungarn die größte sind. Gegen sie richteten sich in diesem Jahr vor allem minderheitenfeindliche Aktionen. Ungarische Ortsnamen wurden übermalt, anti-ungarische Parolen tauchten auf, katholische Friedhöfe wurden geschändet und es kam auch zu Schlägereien. All diese Vorfälle hat die größte Partei der Ungarn, die Liga der Vojvodina-Ungarn dokumentiert. Ihr Vorsitzender Jozsef Kasza sagt zur Lage:

„Die Beziehungen in der Vojvodina sind bis heute relativ tragbar und normal. Doch im tagtäglichen Leben fühlt man eine Radikalisierung. Gesprochen wird nur über größere Zwischenfälle, doch im täglichen Leben sind auch verbale Delikte gegenwärtig, über die nicht gesprochen wird. Die Regierung misst diesen Erscheinungen zu wenig Bedeutung bei.“

Serbiens Ministerpräsident Vojislav Kopstunica hat jüngst die Vojvodina besucht, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Kostunica lehnt die Internationalisierung der Probleme in der Vojvodina ab, doch er hat zu spät auf diese Vorfälle reagiert. Die EU-Außenminister werden sich auf Antrag Ungarns bereits am Montag mit der Lage in der Vojvodina befassen. Sie ist durch große soziale Probleme und durch Regional- und Lokalwahlen geprägt, die in einer Woche stattfinden. Die Klagen der Ungarn sind daher nicht unumstritten. Sie kommentiert der kroatischer Kommunalpolitiker Tomislav Stantic, der einer liberalen Reformpartei angehört, so:

„Herr Kasza versucht den ungarischen Wahlkörper zu homogenisieren, weil ihm Argumente und Programm fehlen, damit seine Partei das Vertrauen der Wähler verdient. Das macht er auf sehr gefährliche Weise, in dem er Ängste unter seinen Landsleuten weckt und erklärt, ein Guter Ungar sei nur einer, der für die Union der Vojvodina Ungarn stimmt.“

Stantic bestreitet auch, dass die meisten Zwischenfälle in der Vojvodina ethnisch motiviert sind. Trotzdem ist Wachsamkeit geboten. Bei den Regional- und Lokalwahlen können die serbische Ultranationalisten mit massiven Stimmengewinnen rechnen. Das könnte das Klima verschärfen, obwohl derzeit in der Vojvodina von systematischen Übergriffen gegen Minderheiten nicht die Rede sein kann.

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