Serbien wählt Präsidenten

In Serbien findet heute die zweite Runde der Präsidentenwahl statt. Um die Stimmen der 6,5 Millionen Wahlberechtigten werben zwei Oppositionspolitiker, der Reformer Boris Tadic und der Ultranationalist Tomislav Nikolic, der nach dem ersten Durchgang knapp in Führung liegt. Aus Belgrad berichtet Christian Wehrschütz

Beim ersten Wahlgang vor zwei Wochen lag der Ultranationalist Tomislav Nikolic um 100.000 Stimmen vor dem prowestlichen Politiker Boris Tadic. Trotzdem sagen Umfragen Tadic heute den Sieg voraus. Denn seine Wählerreserven sind größer, weil er von der Regierung unterstützt wird, deren Kandidat den Einzug in die Stichwahl nicht geschafft hat. Unterstützt wird Tadics klarer Kurs Richtung EU auch vom Großunternehmer Bogoljub Karic, dem Drittplazierten des ersten Wahlgangs. Dagegen hat Nikolic kaum Wählerreserven, denn die Sozialisten des in Den Haag sitzenden Slobodan Milosevic sind nur mehr eine marginale Größe. Daher hat sich Nikolic massiv um die Wähler der Mitte bemüht, Ton und Strategie geändert und sich den Reformern angenähert hat. Doch dieser Wandel wird von vielen Serben als reine Taktik empfunden. Sie haben den Verbalradikalismus, des Ultranationalisten noch nicht vergessen. Daher hat Tadic in diesem Wählerspektrum die weit besseren Chancen. Gewinnen könnte Nikolic nach Ansicht der Meinungsforscher nur, wenn die Wahlbeteiligung sehr niedrig ist. Denn Nikolic hat die disziplinierteren Wähler. Recht diszipliniert und kultiviert verlief auch der Wahlkampf. Nikolic und Tadic vermieden persönliche An- und Übergriffe und am Ende des TV-Duells gab es zwischen den beiden Kandidaten auch einen Handschlag. Die Wahllokale schließen heute um 20 Uhr, erste Ergebnisse werden für den späten Abend erwartet.