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Mühsamer Weg zur Regierung in Serbien

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In Serbien haben sich die vier Parteien des sogenannten demokratischen Blocks auf die Bildung einer gemeinsamen Regierung geeinigt. Regierungsprogramm und Ministerlisten müssen noch erstellt werden und daher wird noch ein bis zwei Wochen dauern, bis das Kabinett tatsächlich steht. Wie mühsam der Weg zur neuen Regierung ist, zeit der Umstand, dass sich die vier Parteien noch nicht auf die Wahl eines Parlamentspräsidenten einigen konnten. Auch heute ist die Einigung gescheitert und daher wurde die Sitzung des Parlaments bereits wieder vertagt. Aus Belgrad berichtet Christian Wehrschütz

Wie mühsam die Grundsatzeinigung der vier Parteien war, zeigt der Umstand, dass sie erst vier Wochen nach der Parlamentswahl in Serbien erfolgte. Fest steht somit nur, dass die Variante eine Minderheitsregierung vom Tisch ist. Trotz des grundsätzlichen Jas zur Vierparteienregierung sind noch viele Frage offen. Dazu zählen das Arbeitsprogramm, vor allem aber die Besetzung vieler Posten in der serbischen Regierung und in der Regierung des Staatenbundes mit Montenegro. Strittig ist auch noch der Weg zur Regierungsbildung. Drei der vier Parteien wollten, dass heute zunächst im Parlament der Parlamentspräsident gewählt wird, damit wenigstens diese Institution handlungsfähig ist. Die vierte Partei lehnt das ab. Sie will den Parlamentspräsidenten erst wählen, wenn auch die Regierungsverhandlungen abgeschlossen sind. Dieser Streit hat vor allem machtpolitische Gründe. Serbien hat wegen mehrfach gescheiterter Wahlen keinen Präsidenten. Der Parlamentspräsident ist daher auch geschäftsführender Präsident der den formellen Auftrag zur Regierungsbildung zu erteilen hat. Dass in dieser Frage auch heute kein Kompromiss gefunden wurde und die Parlamentsitzung wieder verschoben werden musste, zeigt, gestört das Verhältnis im sogenannten demokratischen Block ist. Trotzdem ist es derzeit noch eher wahrscheinlich, dass dieser brüchige Block schließlich eine Einigung finden wird, denn der internationale Druck ist einfach zu stark. Doch ob diese erzwungene Vernunftehe in Serbien auch zu einer vernünftigen Regierungs- und Reformpolitik führen wird, ist fraglich. Dabei brauchte Serbien so rasch wie möglich eine Regierung. Im Jänner sank die Industrieproduktion um 20 Prozent, die Löhne sind gemessen an der Wirtschaftsleistung zu hoch und das könnte auch die Stabilität des Dinarkurses beeinträchtigen. Außerdem droht Serbien wegen des politischen Dauerstreits einen äußerst günstigen Kredit der Weltbank in Höhe von mehr als 100 Millionen US-Dollar zu verlieren. Grund dafür ist, dass die Kreditverträge noch nicht ratifiziert worden sind. Hinzu kommt die schwierige soziale Lage. So gibt es Pensionisten, die mit 30 Euro im Monat auskommen müssen, während ein Liter Milch etwa 30 Cent kostet. Doch das kümmert die sogenannten vier demokratischen Reformparteien offensichtlich wenig. Was sie jedoch kümmert wird müssen ist der Umstand, dass ihr Dauerstreit zu weiterem Machtverlust führen kann. Bei der Parlamentswahl Ende Dezember wurden die Ultranationalisten bereits stärkste Kraft im Parlament und sie sind es auch, die am stärksten von der politischen Krise in Serben profitieren werden.

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