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Neuwahlen statt neuer Regierung in Serbien?

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In Serbien haben Ende Dezember vorgezogene Parlamentswahlen stattgefunden. Dabei kamen die vier Parteien des sogenannten demokratischen Blocks gerade noch mit einem blauen Auge davon. Gemeinsam haben diese vier Parteien noch die absolute Mehrheit, doch wurden die Ultranationalisten stimmenstärkste Kraft im Parlament. Doch trotz allen westlichen Drucks haben die vier demokratisch orientierten Parteien bisher keine gemeinsame Sprache gefunden. Eine neue Regierung ist nicht in Sicht und neuerliche Parlamentswahlen werden in Serbien immer wahrscheinlicher, berichtet aus Belgrad Christian Wehrschütz

In Serbien bestanden nach der Parlamentswahl Ende Dezember zwei Varianten für die Bildung einer Regierung: eine Koalition aller vier Parteien des sogenannten demokratischen Blocks oder eine Minderheitsregierung gebildet aus drei Parteien mit der formellen Unterstützung der vierten Partei. Auf diese zweite Variante legte sich die DSS Mitte Jänner fest. Die DSS ist zweitstärkste Kraft im Parlament und wird vom ehemaligen jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica geführt. Kostunica will sein Minderheitskabinett gemeinsam mit der Wirtschaftspartei G17 Plus und mit den Monarchisten bilden. Unterstützt werden soll diese Koalition im Parlament von der bisherigen Regierungspartei DS. Die DS sollte im Gegenzug die Regierungspolitik inhaltliche mitgestalten und wichtige Ämter auf der Ebene des serbisch-montenegrinischen Staatenbundes behalten. Zu einer Koalition mit der DS ist Kostunica nicht bereit. Denn die DS ist die Partei des ermordeten Ministerpräsidenten Zoran Djindjic und der Konflikt mit Kostunica hat Djindjics Tod überdauert. Dieser Plan droht nun zu scheitern, weil in der DS die Gegner einer Zusammenarbeit mit Kostunica offensichtlich die Oberhand gewinnen, wobei die endgültige Festlegung bei einer Parteivorstandssitzung am Sonntag erfolgen soll. Verlangt wird nun eine formelle Regierungsbeteiligung, die Duldung einer Minderheitsregierung wird ablehnt. Dieser Schwenk hängt damit zusammen, dass in der DS die Machfrage knapp ein Jahr nach dem Tod von Zoran Djindjic noch nicht völlig geklärt ist. Geklärt werden wird diese Frage erst beim Parteitag Ende Februar. Dabei hat Verteidigungsminister Boris Tadic die besten Chancen, Parteivorsitzender zu werden. Tadic ist ein gemäßigter Politiker und war grundsätzlich bereit, eine Minderheitenregierung unter Führung von Kostunica zu unterstützen. Doch noch hat Tadic parteiintern nicht gewonnen und bis Ende Februar kann Serbien kaum mit der Bildung einer Regierung warten. Die konstituierende Parlamentssitzung findet Mitte kommender Woche statt und dabei muss ein Parlamentspräsident gewählt werden. Dieses Amt ist so wichtig, weil Serbien weder eine voll handlungsfähige Regierung noch einen Präsidenten hat, dessen Wahl schon drei Mal gescheitert ist. Daher ist der Parlamentspräsident auch geschäftsführender Präsident, der formell den Auftrag zur Regierungsbildung zu erteilen hat. Doch derzeit ist kein mehrheitsfähiger Kandidat für das Amt des Parlamentspräsidenten in Sicht, weil die vier Parteien des demokratischen Blocks insgesamt keinen politischen Kompromiss gefunden haben. Bleiben die Fronten in Serbien weiter derart verhärtet, könnte es wieder zu vorgezogen Parlamentswahlen kommen. Dabei ist zu erwarten, dass die Ultranationalisten noch stärker werden und eine Regierungsbildung durch reformorientierte noch schwierig wird. Serbien drohen somit politisch noch instabilere Zeiten, obwohl das Land durch Parteienhader bereits mehr als ein Jahr verloren hat, das für überfällige Reformen hätte genutzt werden sollen.

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