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In Jugoslawien ist das politische System unter Slobodan Milosevic beträchtlich ins Wanken geraten. In der Stadt Cacak gingen am Abend 20.000 Bürger auf die Straße um für die Anerkennung der Wahlergebnisse zu demonstrieren. Auch anderen, kleineren serbischen Städten kam es zu Demonstrationen. In Belgrad soll heute eine Großkundgebung der Opposition stattfinden. Außerdem hat die Zentrale Wahlkommission in Belgrad hat zum ersten Mal seit Sonntag vergangenen Abend ihr Schweigen gebrochen. Nach vorläufigen Ergebnissen werde es zu einem zweiten Durchgang der Präsidentenwahl in Jugoslawien kommen, erklärte die Kommission. Zum ersten Mal wurde jedoch auch die Niederlage von Slobodan Milosevic eingestanden. Denn nach Angaben der staatlichen Zentralen Wahlkommission liegt Milosevic hinter seinem Herausforderer Vojislav Kostunica zurück. Die Opposition hat dieses Eingeständnis begrüßt, spricht aber trotzdem von Wahlbetrug. Aus Belgrad Christian Wehrschütz:

Nach Angaben der Zentralen Wahlkommission erreichte Milosevic etwas mehr als 2 Millionen Stimmen oder 40 Prozent. Er liegt damit hinter Vojislav Kostunica , den 2,4 Millionen Bürger gewählt haben sollen. Kostunica führt zwar mit 48,2 Prozent doch wäre damit ein zweiter Wahlgang nötig. Die Demokratische Opposition hat diese Angaben zwar als Eingeständnis der Niederlage von Milosevic gewertet, spricht aber trotzdem von Wahlfälschung. Nach ihren Angaben hat Kostunica schon im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreicht. Ein Vergleich der beiden Darstellungen ergibt einen Unterschied von insgesamt 600.000 Stimmen; Kostunica hat nach Angaben der Wahlkommission 400.000 weniger, Milosevic aber 200.000 Wähler mehr als nach Angaben der Opposition. Dieser Unterschied ist sehr unwahrscheinlich, denn die anderen Wahlergebnisse stimmen bei Opposition und Regierung überein. Die Opposition fordert eine detaillierte Darstellung und erkennt das Ergebnis für Kostunica nicht an.

Der Wahlkampfleiter der Opposition, Zoran Djindjic sieht in der Erklärung der Wahlkommission einen Versuchsballon von Milosevic. Zur Rolle der Wahlkommission sagt Djindjic:

Zitat: „Das hängt alles von Milosevic ab. Die Wahlkommission ist ein Mittel in seinen Händen und sie wird erklären, was er ihr sagt. Er versucht jetzt, das Risiko einzuschätzen auf beiden Seiten. Die Bevölkerung ist sehr irritiert und jede Fälschung oder ein Versuch der Fälschung der Wahlergebnisse würde in Serbien zu einer Eruption der Unzufriedenheit führen. Und das ist das einzige, was in daran hindert, seinen Wahlsieg zu verkünden, obwohl wir alle Beweise – aber absolut alle Beweise- haben, dass wir gesiegt haben.“

Doch es gibt noch andere Gründe, die Milosevic zur Vorsicht zwingen, dazu zählen das Wahlverhalten der Soldaten und die vernichtende Niederlage in den Städten; Zoran Djindjic:

„70 Prozent aller Armeeangehörigen, die in den Kasernen gewählt haben, haben für uns gestimmt. Das war eine böse Überraschung für ihn. Auch diese Erdrutschartigen Ergebnisse. Es war nicht nur eine Wahlniederlage, das war eine Katastrophe. In Hundert Städten in Serbien haben sie verloren und diese hundert Städte, das ist praktisch 80 Prozent der serbischen Wählerschaft. Er kann jetzt nicht sagen, er hätte als Präsident gewonnen in diesen 100 Städten, aber seine Partei hätte verloren. Das ist selbst für seine Leute unglaubwürdig.“

Was würde geschehen, sollte Milosevic die Wahlergebnisse doch manipulieren wollen ?

„Wenn er die Wahlen fälscht, dann gehen die Menschen auf die Strasse und dann wird entschieden, wer stärker ist. Millionen von unzufriedenen Menschen oder eine Handvoll der Funktionäre um Milosevic. Wir haben Informationen aus Armee und Polizei, dass sie auch die Ergebnisse kennen, aus der Partei von Milosevic, die wissen auch wie die Sache steht. Die Tatsachen sind auf allen Seiten klar. Es ist nur die Frage, ob Milosevic die Wirklichkeit akzeptiert oder nicht. Oder ob er wiederum versucht, die Wirklichkeit zu verändern. Oder ob er endlich einmal versteht, dass die Realität am Ende doch siegt – mit mehr oder weniger Opfern.“

Zur Reaktion der Opposition auf eine Wahlfälschung sagt Djindjic:

„Uns bleibt nur, die richtigen Ergebnisse mitzuteilen. Die Beweise aufzubewahren, das heißt, die Wahlprotokolle und die Reaktion der Walkommission abzuwarten. Und wenn sie eine Fälschung ist, dann die Leute zu Protesten aufzurufen, und es werden Millionen von Menschen sein.

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