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Labus in Wien

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Berichte Serbien
Der stellvertretende jugoslawische Ministerpräsident Miroljub Labus, kommt morgen nach Wien. Labus wird mit der österreichischen Regierungsspitze zusammentreffen. Der 55-jährige Labus zählt zu den führenden Reformpolitikern und Wirtschaftsexperten in Belgrad. Trotz seiner klaren Reformpolitik ist er fast ebenso populär wir der jugoslawische Präsident Vojislav Kostunica. Labus gilt daher als möglicher Kandidat für das Amt des serbischen Präsidenten, der im Herbst gewählt wird. Labus steht dem serbischen Regierungschef Zoran Djindjic nahe und gilt als einziger Politiker, der Vojislav Kostunica schlagen könnte, sollte dieser ebenfalls ins Rennen um das Amt des serbischen Präsidenten gehen. Das im März unterzeichnete Dokument zur Umwandlung Jugoslawiens in den neuen Staat mit dem Namen „Serbien und Montenegro“ hat Miroljub Labus nur unter Druck der EU unterschrieben. Denn Labus befürchtet, dass die getrennten Wirtschaftssysteme der beiden jugoslawischen Teilrepubliken Serbien und Montenegro die Annäherung an die EU verzögern könnten. In Belgrad hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz mit Miroljub Labus gesprochen und folgenden Bericht gestaltet:

Bereits Ende Juni hätte der neue Staat Serbien und Montenegro über eine Verfassung verfü-gen und Jugoslawien endgültig Geschichte sein sollen. Doch politische Probleme in Monte-negro und in Serbien haben diesen Zeitplan zum Scheitern gebracht. Daher war Javier Solana, der Hohe Repräsentant für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU, am Mon-tag auch in Belgrad, um alle Parteien zur Eile zu mahnen. Solana will, dass der neue Staat spätestens Anfang nächsten Jahres gebildet ist. Solana traf auch mit dem stellvertretenden jugoslawischen Regierungschef Mirojub Labus zusammen. Zu den Folgen der Verzögerung für Jugoslawien und Serbien sagt Labus:

Es ist richtig, dass die Verzögerung des Verfassungsdokuments negative Auswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung hat, weil dadurch die politische Instabilität und die Unsicherheit verlängert werden. Ausländische Investoren überlegen daher ihre Projekte fortzusetzen oder neue zu beginnen. Doch ich glaube, dass das Verfassungsdokument bis Herbst fertig ist, dass wir im Herbst auch Wahlen für die neuen Bundesinstitutionen haben, so dass der Ministerrat oder die neue Regierung bis Jahresende gebildet sein werden.

Trotzdem hofft Labus, dass die institutionelle Anbindung des neuen Staates an die EU durch den Abschluß eines Stabilsierungs- und Assoziationsabkommens nicht verzögert wird:

Wenn wir die neue Regierung bis Jahresende haben, können wir im kommenden Jahr formell die Verhand-lungen über das Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen beginnen. In der Zwischenzeit erwarten wir von der Europäischen Kommission eine positive Machbarkeitsstudie. Wenn alles nach Plan läuft, könnte das Abkommen gegen Ende der ersten Hälfte des kommenden Jahres unterzeichnet werden.

Probleme könnten diesem Zeitplan nicht nur die politisch instabile Lage in Montenegro be-reiten, sondern auch der immer härter werdende Machtkampf in Serbien zwischen Minister-präsident Zoran Djindjic und dem jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica. Kostunicas Partei DSS hat jüngst ein Schattenkabinett gebildet und durch Boykott mehrmals Sitzung des serbischen Parlaments lahmgelegt, weil zu wenig Abgeordnete anwesend waren. Djindjic und seine Gruppen drohen nun damit, der DSS einen Teil ihrer Mandate zu entziehen, eine Maß-nahme, die nach der Koalitionsvereinbarung und dem Wahlgesetz in Serbien rechtlich zwar möglich, demokratiepolitisch jedoch höchst fragwürdig ist. Zu diesem Plan und zur politi-schen Lage in Serbien sagt Labus:

Ich wäre nicht glücklich, sollten diese Parlamentsabgeordneten tatsächlich ausgetauscht werden. Doch Tat-sache ist, dass die Koalitionsvereinbarung überholt ist und dass wir eine neue politische Lage im Parlament haben. Sicher ist auch, dass wir vorgezogene Wahlen in Serbien haben werden, die Frage ist nur wann. Wählen wir noch heuer oder erst im nächsten Jahr nach der Verabschiedung einer neuen Verfassung. Denn im kommenden Jahr muß Serbien eine neue Verfassung verabschieden und es wäre logisch, dann zu wählen. Am besten wäre es natürlich, den politischen Konflikt so lange zu verschieben, bis wir die neue Verfassung haben und sich auf Wahlen im nächsten Jahr zu einigen.

Ob es dazu kommt ist fraglich. Offen ist auch, ob Miroljub Labus bereit sein wird, für das Amt des serbischen Präsidenten zu kandidieren. Sein Antreten macht Labus von den Kompe-tenzen abhängig, über die der Präsident in Serbien künftig verfügen wird:

Ich will keine symbolische Rolle spielen und nur ein Mann sein, der den Staat repräsentiert; in diesem Fall muß jemand andere die Funktion übernehmen. Ich habe meine Arbeit noch nicht erledigt und die besteht darin, dass sich Jugoslawien und Serbien Europa annähert und dass Serbien eine reformierte, moderne Demokratie ist mit einer Marktwirtschaft und einem Rechtsstaat.

Der Weg dorthin ist noch weit und die Ungeduld der Serben wächst, je stärker der politische Zweikampf zwischen Kostunica und Djindjic den Blick auf die Reformziele und die bereits erzielten Erfolge trübt. Zu den Erfolgen sagt Miroljub Labus:

Die Industrieproduktion wird in der zweiten Jahreshälfte sich aus der Rezession herauskommen und um zwei bis drei Prozent wachsen. Die Preise sind stabil, die Währungsreserven wachsen ebenso wie die Ex-porte. Die Wirtschaftslage beginnt sich daher wirklich zu bessern. Doch die Arbeitslosenrate ist noch immer hoch und das ist natürlich auch mit der Frage nach der Geduld der Bevölkerung verbunden.

Das heurige Jahr betrachtet Miroljub Labus daher als entscheidend für den weiteren Reform-prozeß:

Wir stehen an einem Kreuzungspunkt. Werden wir den Prozeß der demokratischen Erneuerung und der Transition fortsetzen oder wir sich dieser gesamte Prozeß verlangsamen. In anderen Ländern stellte sich diese Frage ebenfalls. Ich bin Optimist und ich denke, dass die Transformation weitergehen wird, weil die Erfahrung anderer Länderzeigt, dass der der innehält, später vom selben Punkt aus wieder beginnen und einen viel größeren Preis zahlen muß. Klar ist, was Transition bedeutet. In den ersten Jahren sind deren Kosten viel höher als der Nutzen, der erst nach zwei bis drei Jahren kommt.

Optimistisch beurteilt der stellvertretende jugoslawische Regierungschef auch die Zukunft des Balkan. Die regionale Zusammenarbeit zwischen den ehemaligen jugoslawischen Teilrepu-bliken nehme zu und das ge-meinsame Ziel einer EU-Integration sei eine starke Motivation für weitere Reformen. Miroljub Labus:

Sicherlich ist die Zeit der Konflikte vorbei, obwohl es noch Probleme gibt auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien. Dazu zählen der Kosovo und das Probel des sogenannten Großalbanien. Das sind heute die größten Probleme, doch es wird keine Konflikte geben, denn die Zeit der Krieges ist vorbei.

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