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Machtkampf in Serbien

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In Serbien ist gestern am Abend der Machtkampf zwischen Ministerpräsident Zoran Djindjic und dem jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica eskaliert. Die von Djindjic geführte Koalition DOS entzog mit ihrer Mehrheit im Parlament der Partei von Vojislav Kostunica alle ihre 45 Parlamentssitze. Obwohl Kostunica in Serbien der populärste Politiker ist, ist seine Partei im Parlament nun nicht mehr vertreten. Serbien steckt damit in der schwersten innenpolitischen Krise seit dem Sturz von Slobodan Milosevic vor knapp zwei Jahren. Aus Belgrad berichtet Christian Wehrschütz

Text:

Als Vojislav Kostunica und die DOS-Politiker dem Koalitionsvertrag vor der serbischen Parlamentswahl im November 2000 unterschrieben, war die Welt zwischen Kostunica und Zoran Djindjic noch in Ordnung. Kostunica war zwar bereits seit knapp zwei Monaten Präsi-dent Jugoslawiens, doch in Serbien waren Slobodan Milosevic und seine Partei noch nicht völlig besiegt. Doch nach der Wahl von Zoran Djindjic zum serbischen Ministerpräsidenten im Jänner 2001 wuchsen die Spannungen ständig und nun wurde der Koalitionsvertrag Kostunica zum Verhängnis. DOS schloß dessen Partei DSS aus der Koalition aus. Das lieferte der DOS-Mehrheit im Parlament nun die Handhabe, fragwürdige Bestimmungen des serbischen Wahlgesetzes anzuwenden, und der DSS all 45 Mandate zu entziehen. Das heißt, daß fast ein Fünftel der 250 serbischen Abgeordneten ausgewechselt werden. Cedomir Jovanovic, Djindjics rechte Hand im Parlament, rechtfertigt den Beschluß:

„Die DSS hat ihr politisches Schicksal selbst gewählt, in dem sie in allen wichtigen Fragen mit der Koalition in Konflikt geraten ist. Daher hat der Ausschluß aus der Koalition nur den bereits bestehenden Zustand bestätigt. Der Mandatsverlust im Parlament bedeutet nur, daß sich die DSS völlig vom Wahlprogramm verabschiedet hat, das ihr diese Position im Parlament brachte, das umzusetzen war und das wir weiter umsetzen werden.“

Zur innenpolitischen Lage in Serbien sagt Jovanovic:

„Es ist wahr, daß die politische Lage im Land kompliziert ist und nun sogar noch kompli-zierter geworden ist. Doch ich glaube, daß mit dieser ernsten und verantwortungsvollen Bestrafung des Verhaltens der DSS die nötige Stabilität im Land zur Durchführung von Reformen gesichert wurde. Wir können unsere Energie nicht dazu verwenden, tagtäglich den Konflikt mit der DSS zu erklären.“

Die DSS will den Mandatsentzug nicht akzeptieren. Dejan Michajlov, nunmehr Ex-Klubobmann der DSS im serbischen Parlament sagt zu den Plänen seiner Partei:

„Wir werden wie auch im früheren Fall des Mandatsentzugs Verfahren vor zuständigen Gerichten einleiten. Wir haben bereits und werden auch weitere Strafanzeigen gegen all jene einbringen, die für diese rohen Bruch der Verfassung und der Gesetze verantwortlich sind und wir werden auch außerhalb der Institutionen mit allen verfügbaren Mitteln kämpfen.“

Doch die Erfolgschancen sind gering. Denn das jugoslawische Verfassungsgericht hat einen im Juni in geringerem Umfang erfolgten Mandatsenzug jüngst aufgehoben. Das hat DOS nicht gehindert, gestern diesen noch radikaleren Schritt zu setzen. Damit hat DOS alle jugoslawischen Institutionen in Frage gestellt und die Verhandlungen über die Umwandlung des Staates belastet. Politisch bedeutet der Mandatsentzug, daß andere Politiker der Koalition DOS die frei werdenden Mandate erhalten und daß Zoran Djindjic im serbischen Parlament wieder über eine Zwei-Drittelmehrheit verfügt. Vollzogen ist nun auch der völlige Bruch mit Vojislav Kostunica mit dem Zoran Djidjic jedoch auch in Zukunft wird rechnen oder gar zusammenarbeiten müssen. Auswirken wird sich die Krise in Serbien auch auf die Reformen. Westliche Firmen dürften noch zögerlicher in einem Land investieren, in dem derartige Vorgänge möglich sind.

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