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Direktgespräche Belgrad-Prishtina in Wien

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Berichte Serbien
Morgen, Dienstag, beginnen in Wien die Verhandlungen zwischen Serben und Kosovo-Albanern. Es sind das die ersten direkten Gespräche zwischen Belgrad und Prishtina seit dem Ende des NATO-Militäreinsatzes von mehr als vier Jahren. Ver-handelt wird aber nicht über den endgültigen Status des Kosovo, sondern über prak-tische Fragen wie Flüchtlingsrückkehr, vermisste Personen, Verkehr, Telekommuni-kation und Energieversorgung. Geleitet werden die Verhandlungen vom Finnen Hari Holkeri, der im Auftrag der Vereinten Nationen, die UNO-Verwaltung des Kosovo über hat. Mit Hari Holkeri aber auch mit Albanern, Serben und serbischen Politikern hat unser Balkan-Korrespondent in Prishtina und in Belgrad gesprochen und folgen-den Bericht gestaltet:

Wenn morgen früh in Wien die ersten Gespräche zwischen Serben und Kosovo-Albanern beginnen werden, so haben Diplomaten von UNO, EU und USA eine Zitterpartie überstanden. Noch Ende vergangener Woche war nicht sicher, ob die Albaner überhaupt an den Gesprächen teilnehmen würden. Doch nach massivem westlichen Druck steht nun fest, dass Präsident Ibrahim Rugova und Parlaments-präsident Nedzzat Daci nach Wien kommen werden. Nicht kommen wird Minister-präsident Bajram Redzzepi. Er hatte verlangt, dass das Kosovo-Parlament eine positive Erklärung zu den Gesprächen abgeben solle, doch dazu waren die Abgeord-neten nicht bereit. Denn die Gespräche mit den Serben sind unter den Albanern nicht gerade populär. Statt über technische Fragen hätte man viel lieber über die Unab-hängigkeit verhandelt, doch dazu waren weder der Westen noch die Serben bereit. Sie sehen das Zustandekommen der Gespräche auch als diplomatischen Erfolg. Ihre Delegation wird vom stellvertretenden serbischen Regierungschef Nebojsa Covic geleitet, doch wird auch Svetozar Marovic, der Präsident des Staatenbundes Serbien-Montenegro nach Wien kommen. Akzeptieren musste Belgrad nach westlichem Durck jedoch, dass die Kosovo-Serben der Delegation des Kosovo angehören, in der auch ein Angehöriger der Nicht-Serbischen-Minderheit vertreten sein wird. Hoch-rangig vertreten sein, werden auch EU und NATO, durch Havier Solana, Chris Patten und George Robertson. Doch die Präsenz der Prominenz steht im klaren Gegensatz zum Ergebnis, das in Wien zu erwarten ist. Als größter Erfolg wird bereits jetzt gewertet, dass in Wien Serben und Albaner wieder mit einander reden. Trotzdem sagt

der UNO-Verwalter des Kosovo, der Finne Hari Holkeri, zur Bedeutung von Wien:

„Es ist etwas gefährlich das Wort „historisch“ zu gebrauchen, denn wir wissen nicht, was Geschichte ist; doch die Verhandlungen sind etwas einzigartiges. Wenn wir die Vergangenheit mit der Gegenwart vergleichen, so sieht die Gegenwart viel, viel besser aus als die Vergangenheit.“

In Wien wird jedenfalls nichts Gravierendes beschlossen werden. Das bestätigt auch Hari Holkeri:

„Für den Beginn der Verhandlungen dient Wien als neutraler Boden, doch wenn wir dann Treffen zu praktischen Fragen haben, so werden diese mehr oder minder gleichzeitig in Belgrad und Prishtina stattfinden. Das gesamte Verfahren soll Resultate bringen, die dem Volk im Kosovo aber auch den Serben in praktischen Fragen helfen. Doch das sind keine Verhandlungen über den endgültigen Status des Kosovo.“

Diese Statusgespräche sollen erst beginnen, wenn die Verhandlungen über praktische Fragen wie Flüchtlingsrückkehr, Vermisste, Verkehr, Energie und Telekommunika-tion auf Expertenebene abgeschlossen wurden, für die Wien den Auftakt bildet. Dazu zählt, dass Serbien bisher die Autokennzeichen der UNO im Kosovo nicht anerkennt; daher können vor allem Kosovo-Albaner nicht nach und über Serbien fahren. Das Mobilfunknetz des Kosovo funktioniert in Serbien nicht, serbische Mobiltelefone haben nur schlechtem Empfang im Kosovo. Die Stromversorgung der Provinz ist nach wie vor nicht wirklich gesichert, Stromabschaltungen hemmen die ohnehin kaum funktionierende Wirtschaft und sind vor allem in Winter sehr unangenehm. Doch Serbien liefert bisher keinen Strom. Während an der Lösung dieser Probleme vor allem die Albaner interessiert sind, geht es den Serben vor allem um die Klärung des Schicksals der mehr als Tausend Vermissten und um die Flüchtlingsrückkehr. Von den 180.000 geflohenen und vertriebenen Serben sind vier Jahre nach Kriegs-ende erst 4100 in den Kosovo zurückgekehrt. Die Sicherheitslage ist nach wie vor schlecht und auch Arbeitsplätze sind Mangelware, liegt doch die offizielle Arbeits-losenrate im Kosovo bei fast 60 Prozent.

Die Probleme sind somit enorm und drängend, doch eine rasche Lösung ist auch bei den Verhandlungen zwischen Albanern und Serben auf Expertenebene nicht zu er-warten. Denn im Kosovo und in Serbien finden nächstes Jahr Parlamentswahlen statt und Vorwahlzeiten sind nicht die besten Zeiten für Kompromisse. Hinzu kommt, dass ausgerechnet morgen, am Tag des Verhandlungsbeginns in Wien, das Parlament in Belgrad über einen Misstrauensantrag gegen die serbische Regierung und die Parla-mentspräsidentin abstimmen soll. Die Mehrheit der Regierung im Parlament ist hauchdünn und daher dürfte der morgige Tag zu einer noch ganz anderen Zitterpartie für die serbische Delegation werden als sie UNO, EU und USA vor Verhandlungs-beginn zu überstehen hatten.

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