× Logo Mobil

Serbien

Radio
Ö2Ö3
Berichte Serbien
In mehreren serbischen Städten ist es schon heute zur Warn-streiks und Straßenblockaden gekommen. Die Opposition hat für morgen einen Generalstreik ausgerufen. Dadurch soll Slobodan Milosevic gezwungen werde, den Wahlsieg seines oppositionellen Herausforderers Vojislav Kostunica bei der Präsidentenwahl an-zuerkennen. Milosevic lehnt das bisher ab und hat für kommen-den Sonntag einen zweiten Wahlgang angesetzt. Aus Belgrad Christian Wehrschütz:

Text:

In Belgrad kam es am frühen Abend bereits zu ersten Straßen-blockaden. Autos mit Fahnen der oppositionellen Allianz DOS führen im Schrittempo laut hupende durch die Straßen. Morgen früh wollen die städtischen Verkehrsbetriebe einen Warnstreik abhalten. Auch Bäckereien sollen geschlossen bleiben. In den Städten Nis, Uzice, Valjevo und in anderen Orten blieben die sonst auch am Sonntag geöffneten Geschäfte und Bauernmärkte geschlossen; Autofahrer blockierten für kurze Zeit wichtige Kreuzungen, und Tausende von Menschen protestierten in den Straßen. In mehreren Industriestädten streikten große Staatsfabriken. Die Behörden sollen den Arbeitern mit einem Polizeieinsatz gedroht haben, wenn sie den Ausstand nicht beenden. Wie stark der Rückhalt der Opposition in der Bevölkerung tatsächlich ist, wird sich morgen früh daran zeigen, in welchem Ausmaß der Aufruf zum Generalstreik befolgt werden wird. Die Opposition will damit die Anerkennung ihres Wahlsieges oder zumindestens eine Neuauszählung der Ergebnisse der Präsidentenwahl erreichen.

Wie der Sender B2-92 weiter berichtete, waren auch mehrere

wichtige Verkehrswege in der Hauptstadt Belgrad von den Demonstranten

vorübergehend gesperrt worden. Zunächst gab es keine Berichte über

Zwischenfälle.

Den

streikenden 7.500 Bergleuten des Braunkohlewerks "Kolubara" hätten

die Behörden mit einem Polizeieinsatz gedroht, gab die Gewerkschaft

der Bergleute bekannt, berichtete der Belgrader Sender. Aktivisten

hätten die Lage in der nahen Stadt Lazarevac als "äußerst angespannt"

bezeichnet und von verstärkter Polizeipräsenz berichtet. Alle

Streikenden hätten Arbeitsbefehle bekommen.

Mit dem friedlichen Protest will die Demokratische Opposition

Serbiens (DOS) die Anerkennung des Wahlsieges des DOS-

Präsidentschaftskandidaten Vojislav Kostunica durchsetzen.

ZiB1/001001/Jugo-Lage/ZiB-Mod:

Die USA und Rußland haben Slobodan Milosevic aufgefordert, den Wahlsieg seines oppositionellen Herausforderers Vojislav Kostunica anzuerkennen. Milosevic hat diese Forderungen ebenso zurückgewiesen wie das russische Angebot, im Konflikt mit der Opposition über die Anerkennung des Wahlergebnisses zu vermitteln. Milosevic setzt auf den zweiten Wahlgang kommenden Sonntag, den die Opposition verhindern will. Sie hat für morgen zu einem Generalstreik in Serbien aufgerufen.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz

Aufsager bei:1’03

Gesamtlänge: 1‘23“

Das ist Kolubara, der größte Kohletagebau Jugoslawiens, 60 Kilomter südlich von Belgrad. Die mehr als 7000 Mitarbeiter von Kolubara sind dem Streikaufruf der Opposition schon am Freitag gefolgt; alle Versuche der Direktion auch durch Einführung der Pflichtarbeit das Ende des Protests zu erreichen, blieben vergeblich. Zuerst müsse das Wahlergebnis anerkannt werden, sagen die Arbeiter. Der Streik und der Kampf der Opposition gegen den zweiten Wahlgang kommenden Sonntag sind ein Wettlauf mit der Zeit; denn von Kolubara hängen zwar 60 Prozent der serbischen Stromproduktion ab, doch die Ver-sorgungsreserve beträgt acht Tage. Slobodan Milosevic jedoch setzt weiter auf dem zweiten Wahlgang und auf positve Imagewerbung. So brachte das serbische Staatsfernsehen gestern in den Nachrichten einen 2O Minuten dauernden Beitrag über Milosevic bei der Ausmusterung der Leutnante in Belgrad. Heute wiederum gab das Fernsehen bekannt, Milosevic werde der bei den Olympischen Spielen in Australien siegreichen jugosla-wischen Vollexball-Mannschaft einen Orden verleihen. Ob dieser Medieneinsatz Erfolg haben kann, wird morgen ab fünf Uhr früh klar sein, wenn der von der Opposition ausgerufene Generalstreik beginnen soll.

Facebook Facebook