× Logo Mobil

Jugoslawien

Radio
Ö2Ö3
Berichte Serbien
In Jugoslawien ist die Äre Milosevic zuende gegangen. Nach dem siegreichen Sturm von Parlament und staatlichem Fernsehen durch oppositionelle Demonstranten feiern die Bürger derzeit in Belgrad und anderen serbischen Städten die Niederlage von Slobdan Milosevic und den Anbeginn einer neuen Zeit. Aus Belgrad Christian Wehrschütz

In Jugoslawien wächst von Stunde zu Stunde die Zuversicht, daß das Ende von Slobodan Milosevic doch durch eine samtene und nicht durch eine blutige Revolution erreicht werden kann. Nachdem die Polizei bereits beim Sturm auf Parlament und Fernsehen nur sehr schwachen Widerstand geleistet hat, erhielt die Opposition am späten Abend die Zusage des Leiters der Belgrader Polizei, daß die Sicherheitskräfte nur gegen Plünderungen und andere kriminelle Akte einschreiten werde. Diese Zusage soll auch für Serbien insgesamt gelten. Auch die Armee wird in den Kasernen bleiben. Denn der Sieg von Vojislav Kostunica über Slobodan Milosevic wird nicht nur in Belgrad, sondern auch in allen anderen Städten gefeiert. Vojislav Kostunica hat noch am Abend die Befreiung Serbiens aus- und eine konstituierende Sitzung des Bundesparlaments einberufen. Ob diese Sitzung auch stattgefunden hat ist unklar. Ebenso unklar ist der Aufenthaltsort von Präsident Slobodan Milosevic. Seine Taktik ging nicht mehr auf; denn das Zusammenfallen zwischen der Annullierung der Präsidentenwahl und Massenkundgebung der Opposition in Belgrad war der Funke der das Pulverfaß und damit den aufgestauten Volkszorn entzündete.

In Serbien geht der zwölfjährige Ära von Slobodan Milosevic zuende. Eendet wurde sie durch einen Afustand der Opposition, der am Nachmittag in Belgrad begann. Ausgelöst wurde er durch die Entscheidung des Verfassungsgerichtes den ersten Wahlgang der Präsidentenwahl und damit den Sieg von Vojislav Kostunica zu annullieren. Hunderttausend kamen zum Protest vor das Bundesparlament und stürmten anschließend das Gebäude. Die Polizei leistete praktisch keinen Widerstand. Das Gebäude wurde in Brand gesteckt, Akten aus dem Fenster geworfen; anschließend stürmte die Demonstranten das Gebäude des serbischen Fernsehen und legten Feuer; die ersten drei Stockwerke brandten völlig aus. Die mediale Herrschaft von Slobodan Milosevic ist auch bei allen anderen Medien in Belgrad zu ende. Am frühen Abend verkündete Vojislav Kostunica den Sieg über Milosevic.

In Belgrad herrscht das Chaos: bei einer Kundgebung von mehreren hunderttausend Serben vor dem Bundesparlament entzündete sich der aufgestaute Volkszorn gegen Slobodan Milosevic. Demonstranten durchbrachen den schwachen Polizeikodon und drangen ins innere des Bundesparlaments ein. Auch Tränengaseinsatz der im Gebäude verschanzten Polizei konnte die Menge nicht stoppen. Die Menge legte an einer Stelle Feuer. Akten und Milosevic-Bilder wurden aus dem Gebäude geworfen; anschließend stürmten die Demonstranten auch das nur wenige hundert Meter entfernte Gebäude des serbischen Fernsehens RTS, das ebenfalls in Brand gesteckt wurde. Noch immer sind Tausende Oppositionelle vor dem Parlament; angeblich soll Präsidentschaftskandidat Vojislav Kostunica zu den Demonstranten sprechen. Wie Milosevic reagieren wird

Die Annullierung des ersten Wahlgangs hat den Volkszorn in Serbien weiter angefacht. Noch nicht abschätzbar ist allerdings wie lange die Bürger dieses Mal bereit sind, täglich auf die Straße zu gehen. Trotzdem sollte sich Slobodan Milosevic des Bibsel-Spruchs bewußt sein: Wer Wind sät – wird Sturm ernten.

Ö2Ö3Mod

In Belgrad sind die Würfel gefallen: Das jugoslawische Bundes-verfassungsgericht hat den ersten Durchgang der Präsidenten-wahl annulliert. Außerdem kam es zu ersten kleineren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Aus Belgrad Christian Wehrschütz

Die Entscheidung des Verfassungsgerichtes bedeutet, daß nicht nur die Manipulationen nach der Wahl, sondern auch die Wahl selbst annulliert werden; damit wird auch der von der Oppo-sition beanspruchte Wahlsieg von Vojislav Kostunica vom Verfassungsgericht auf juristischem Wege beseitigt. Kostunica hat diesen Beschluß als weiteren Versuch Milosevivs gewerten, gegen den Willen des Volkes an der Macht zu bleiben; daher werde Milosevic scheitern, so Kostunica. Wiederholt werden, muß die Wahl Nach Angaben des Gerichts vor dem Ende der derzeitige Amtszeit von Präsident Milosevic, das heißt, daß eine Wiederholung erst vor Juni kommenden Jahres stattfinden muß. Nach Bekanntwerden dieser Entscheidung versammelten sich Tausende Menschen vor dem Bundesparlament; als einige von ihnen versuchten, daß Gebäude zu stürmen, setzte die Polizei Tränengas ein. Derzeit hat sich die Lage vor dem Parlament etwas entspannt; in einer Stunde soll vor dem Gebäude die Großkundgebung der Opposition stattfinden. Aus allen Landesteilen sollen hunderte Busse unterwegs nach Belgrad sein.

Facebook Facebook