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Berichte Serbien
Der von der serbischen Opposition ausgerufene Generalstreik ist nur schleppend angelaufen. In Belgrad und anderen Städten werden ebenso Straßenblockaden durchgeführt wie auf einigen Fernverbindungen. Die Opposition hat zu einem Generalstreik aufgerufen, um Präsident Slobodan Milosevic zu zwingen, seine Wahlniederlage einzugestehen und zurückzutreten. Aus Belgrad Christian Wehrschütz

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In Belgrad war der angekündigte massenhafte zivile Ungehorsam bisher vor allem daran zu merken, daß mehrere Taxi-Unternehmen ihre Arbeit eingestellt haben. Auch die Mitglieder der Rechts-anwaltskammer streiken. Eine größere Wirkung zeigt der Aus-stand im Landesinneren, wo größere Straßenblockaden und Arbeitsniederlegungen stattfinden. Auch im größten Kohletagbau des Landes in Kolubara dauert der Ausstand an. In Krusevac streiken 8.000 Mitarbeiter des größten Betriebes der Stadt, viele private Betriebe blieben geschlossen. Blockiert wird auch die Eisenbahnstrecke von Belgrad nach Montenegro. In Posarevac, der Heimatstadt Slobodan Milosevics streiken etwa 300 Schüler und Professoren. Die Ankündigung der Opposition, ab heute sieben Uhr früh werde Serbien zum Stillstand kommen, hat sich vorläufig jedenfalls nicht bewahrheitet, doch soll der Protest erst am Mittwoch seinen Höhepunkt erreichen. Zumindest bis dahin kann Slobodan Milosevic weiter auf einen Sieg im zweiten Durchgang der Präsidentenwahl setzen, den die Opposition boykottieren will, wenn sie ihn nicht verhindern kann.

In Belgrad klafft heute nicht zum ersten Mal die Realität des täglichen Lebens und der oppositionellen Medien weit ausein-ander. So lauten die Schlagzeilen der oppositionellen Tages-zeitungen Blic, Danas und Glas: Heute völlige Blockade Serbiens, Serbien umspült von einer Welle des zivilen Ungehorsams sowie Blockaden, Treffen und Streiks. Zumindest in Belgrad ist von dieser Welle bisher eher wenig zu spüren. Der Frühverkehr wird eher durch den Regen, denn durch Blockaden behindert; die Bürger gehen weitgehend wie gewohnt zur Arbeit.

Die Ankündigung eines Oppositionspolitikers, ab heute sieben Uhr früh werde Serbien zum Stillstand kommen, hat sich vorläufig nicht bewahrheitet. Daher ist es auch kein Wunder, daß etwa in Belgrad bisher auch kein massives Polizeiaufgebot u bemerken ist. Bedeutsamer als der Streik der Opposition könnte für Slobodan Milosevic daher der Besuch zweier hochrangiger russischer Diplomaten sein. Vladimir Tschischow und Aleksandr Tolkatsch werden heute mit Vertretern des jugoslawischen Außenministeriums und mit Oppositionspolitikern die Lage in Serbien erörtern. Rußland ist bereit, im Streit um die Anerkennung des Ergebnisses der Präsidentenwahl zu vermitteln. Slobodan Milosevic war dazu bisher nicht bereit. Er setzt auf seinen Sieg im zweiten Durchgang der Präsidentenwahl, den die Opposition boykottieren will, wenn sie ihn nicht verhindern kann.

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