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Österreichische Unternehmen in Serbien

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In Serbien hat das Scheitern der Wiederholung der Präsidentenwahl Anfang Dezember den Machtkampf zwischen dem jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica und Minister-präsident Zoran Djindjic weiter angeheizt. Kostunica beschuldigt Djindjic, die Wahlen boykottiert zu haben und durch ein restriktives Wahlgesetz sowie durch veraltete Wählerlisten ihn um den Wahlsieg bringen zu wollen. Der Machtkampf führt bereits dazu, daß Djindjic sein Budget im serbischen Parlament nur mit hauchdünner Mehrheit durchbrachte. Die Ab-stimmung wäre fast an der mangelnden Präsenz der Abgeordneten Gescheitert, weil Kostu-nicas Partei DSS sowie die Parteien des ehemaligen Milosevic-Regimes aus dem Plenum auszogen. Vom Machtkampf in Serbien nicht abschrecken lassen, haben sich vor allem östereichische Firmen. Ihre Zahl ist seit dem Sturz von Milosevic von 35 auf mehr als 90 gestiegen. Unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz hat Vertreter der österrei-chischen Wirtschaft nach ihren Erfahrungen auf dem serbischen Markt befragt und folgenden Beitrag gestaltet:

Text:

Trotz des Machtkampfes zwischen Vojislav Kostunica und Zoran Djindjic sind in Serben auf wirtschaftlichem Gebiet Reformerfolge zu verzeichnen. Der Dinar ist stabil, die Inflation ist von 40 auf 15 Prozent gesunken und die Privatisierung macht fortschritte. Zu den Pionieren amserbischen Markt zählen auch österreichische Unternehmen wie etwa die Kaminfirma Schiedel. Schiedel ist seit Mai in Serbien und bietet Kamine mit dreißig Jahren Garantie an. Denn in Serbien sind die Kamine alt und Rauchfangkehrer eine Seltenheit. Mehr als 400 Gebäude sind bereits mit Kaminen aus Österreich ausgestattet. Josef Zeilinger von der Firma Schiedl setzt vor allem auf steigende Ansprüche der Serben:

Zum Stand der Reformen sagt Zeilinger:

„Im Steuersystem muß sich noch einiges verändern Richtung westlicher Systeme. Es gibt ja momentan eine Endkundenbesteuerung und das betrifft Unternehmen genau so wie Endkunden. Wenn da ein Mehrwertsteuersystem eingeführt wird, dann ist das eine Durchlaufsteuer. Dann zahlt das wirklich nur der Endkunde und nicht der Handelsbetrieb.“

Obwohl die ausländischen Direktinvestitionen in Serbien heuer nur bis zu 600 Millionen Euro erreichen dürften und somit noch relativ niedrig sind, ist mit beträchtlichen Investitionen in den kommenden Jahren zu rechnen. Diese Erwartung hat auch Alpine-Mayreder nach Serbien geführt, wie die Vertreterin dieser Baufirma, Helena Aluta-Oltyan betont:

„Wir wissen, dass hier in Zukunft sehr große Investitionen hinkommen von verschiedenen Seiten. Aus der EU, auch von der amerikanischen Weltbank. Und in Serbien ist die Infrastruktur wirklich in einem sehr schlechten Zustand.“

Erstes Großprojekt der Baufirma in Serbien ist der Ausbau der Strecke Belgrad – Novi Sad, der Anfang 2003 beginnen wird. Diese Autobahn ist Teil des Korridors 10, der von Ungarn über Serbien nach Mazedonien und Griechenland führen wird. Das Teilstück Belgrad – Nis ist bereits eine Vollautobahn. Hier hat die OMV im Juni die größte Zwillingstankstelle am gesamten Balkan eröffnet. Die Ausstattung mit Geschäft und Restaurant aber auch der Spielplatz machen die Tankstelle zum großen Anziehungspunkt. 17 Millionen Euro hat die OMV investiert; 180 Mitarbeiter werden in den fünf Tankstellen beschäftigt. 2003 sollen bis zu 10 neue Stationen in Serbien eröffnet werden, obwohl die serbische Bürokratie bei Baugenehmigung oft recht langsam ist. Denn die OMV ist eine massive Herausforderung für den serbischen Erdölkonzern NIS und seine veralteten Tankstellen. Restrukturierung und Privatisierung des Konzerns zählen zu den großen Aufgaben der Regierung. Weit schwächer ist Serbiens Bankensektor und österreichische Banken segeln daher in ruhigerem Fahrwasser. Raiffeisen kam als erster und hat drei Filialen in Belgrad ist aber auch in anderen Städten präsent. Die Gewinnzone ebenfalls erreicht hat die Hypovereinsbank, die seit einem Jahr in Belgrad ist. Deren Vertreter Christoph Greussing nennt folgendes Beispiel für den Reformbedarf in Serbien:

„Das Grundbuch als System ist teilweise nicht existent. Wenn sie über den Fluß in Richtung Neu Belgrad blicken, dann werden sie feststellen, dass 90 % der Gebäude dort gar nicht registriert sind. Hier ist ein Nachholbedarf, weil das natürlich auch wichtig ist für Finanzierungen.“

Greussing betont, daß der Machtkampf in Serbien Investoren verunsichert hat doch:

„Es wird reformorientierte Kraft am Ruder bleiben, nur die Geschwindigkeit: das ist die Frage.“

Diese Ansicht wird auch in der serbischen Nationalbank vertreten. Deren Präsident, Mladjan Dinkic sagt zum Stand der Reformen:

„Wir haben die markoökonomischen Reformen bewerkstelligt und die makroökonomische Stabilisierung abgeschlossen. Wir haben drei Schlüsselreformen: die Privatisierung, die Re-form des Bankenwesens und die Reform der Steuergesetze, die wirklich sehr gut unterwegs ist; doch die Probleme befinden sich auf der Mikroebene, wo die Bürokratie oft die Erteilung verschiedener Genehmigungen verzögert und den Investitoren Probleme bereitet; das Schlüs-selziel der Regierung wird daher im kommenden Jahr die Verbesserung des Investitions-klimas sein etwa durch ein neues Gesetz über das Bauen, um die Zeit für Genehmigungen zu verkürzen; notwendig ist auch die Reform der öffentlichen Verwaltung und vor allem des Gerichtswesens.“

Bis dahin werden auch österreichische Firmen in einem vielversprechenden Markt mit so manchen Problemen leben müssen, die bereits von anderen Transitionsländern her bekannt sind.

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