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Auch zehn Jahre nach dem Beginn des Zerfalls des ehemaligen Jugoslawien kommt der Balkan nicht zur Ruhe. Während der Westen in Mazedonien alle Hände voll zu tun hat, durch die Stationierung einer NATO-Truppe einen Bürgerkrieg zu verhindern, droht bereits in Serbien die politische Stabilität am Ende zu sein. Denn die DSS, die Partei des jugoslawi-schen Präsidenten Vojislav Kostunica, ist aus der serbischen Regierung ausgetreten. Sollte es zu keinem Kompromiß in der Reformallianz DOS kommen, könnten in Serbien noch im Herbst vorgezogene Parlamentswahlen statfinden. Möglich ist auch, daß der Machtkmapf zwischen Kostunica und Djindjic den Zerfall Jugoslawiens beschleunigt. Denn Djindjic könnte bestrebt sein, die Unabhängigkeitsbefürworter in Montenegro zu unterstützen, um Kostunica als jugoslawischen Präsidenten zu stürzen. Über die Lage in Serbien berichtet aus Belgrad Christian Wehrschütz:

Wenn Slobodan Milosevoc heute gemeinsam mit seiner Frau Mira, seiner Schwägerin Milica und seinem Enkel Marko in Den Haag seinen 60. Geburtstag feiert, so wird seine bisherige Lebensbilanz wohl eher gemischt ausfallen. Binnen Jahresfrist von der Residenz des jugoslawischen Präsidenten in das Belgrader Zentralgefängnis und weiter in eine Zelle des Haager Kriegsverbrechertribunals zu übersiedeln kann nicht besonders befriedigend sein. Da Schadenfreude jedoch die schönste aller Freuden ist könnte Slobodan Milosevic den Ereignis-sen in Belgrad auch positive Seiten abgewinnen. Die Koalition seiner Gegner, die Reform-allianz DOS, hat Milosevics Sturz nicht ein Mal ein Jahr lang überdauert; und der serbische Ministerpräsident Zoran Djindjic, der Mann, der Milosevics Auslieferung vollzog, ist in ernsten Schwierigkeiten. Nach dem Austritt der DSS, der Partei des jugoslawischen Präsi-denten Vojislav Kostunica, aus der serbischen Regierung, könnten Djindjics Tage als Mini-sterpräsident gezählt sein. So sagte der DSS-Politiker und frühere serbische Gesundheits-minister Obren Joksimovic, er bete zu Gott, daß die serbische Regierung bei der ersten Sitzung des serbischen Parlaments gestürzt werde. Ob es dazu kommt, hängt von mehreren Faktoren ab: zunächst wird sicher noch ein Mal versucht werden, in der Allianz DOS einen Kompromiß zu finden. Daß eine derartige Einigung dauerhaft sein könnte, sollte sie über-haupt zustande kommen ist unwahrscheinlich. Denn die DSS forderte eine umfassende Um-bildung der serbischen Regierung und dazu ist Djindjic bisher nicht bereit. Außerdem hat der serbische Parlamentspräsident und DSS-Politiker Dragan Marsicanin bereits gesagt, Wahlen in Serbien würde relativ rasch stattfinden und seien unausweichlich. Natürlich sind derartige Aussagen auch Teil des Machtkampfes zwischen Vojislav Kostunica und Zoran Djindjic und daher auch mit Vorsicht zu genießen; trotzdem ist derzeit eher wahrscheinlich, daß die Tage von Djindjics Kabinett gezählt sind, wenn Kostunicas Partei im Parlament eine Mehrheit für ein Mißtrauensvotum findet. Nicht ausreichend dafür sind die Stimmen der Sozialisten von Slobodan Milosevic und der beiden ultranationalistischen Parteien. Die DSS muß auch noch einige kleinere Parteien der Allianz DOS auf ihre Seite ziehen, um Djindjic zu stürzen; die Chancen dazu sind vorhanden, auch wenn die Mehrheit der Regierungsgegner äußerst knapp ausfallen dürfte. Möglich ist aber auch ein anderes Szenario es hängt vom Ausgang des heutigen Gesprächs zwischen dem montenegrinischen Präsidenten Milo Djukanovic und dem Vorsitzenden der größten pro-serbischen Oppositionspartei Pedrag Bulatovic ab. Sollte sich die beiden Politiker in Podgorica einig werden, könnte noch heuer die staatsrechtliche Stel-lung Montenegros, der kleineren jugoslawischen Teilrepublik, geklärt werden. Wird Monte-negro unabhängig, könnte Djindjics Regierung bis zu diesem Zeitpunkt im Amt bleiben, denn nach einem Zerfall Jugoslawiens müßte in Serbien auf jeden Fall gewählt werden. Bleibt Montenegro im gemeinsamen Staat, würde nicht nur ein neues serbisches, sondern auch ein neues jugoslawischen Parlament gewählt. Wahlen sind so auf alle Fälle wahrscheinlich. Offen sind nur deren Rahmenbedingungen. Sicher ist jedoch, daß die unsicher Gesamtlage vor allem die politischen und wirtschaftlichen Reformen in Serbien verzögern wird.

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