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Milutinovic nach Den Haag

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Der frühere serbische Präsident Milan Milutinovic hat sich heute dem Haager Tribunal gestellt. Milutinovic wurde mit einer Sondermaschine der jugoslawischen Regierung von Belgrad nach Den Haag geflogen; Milutinovic muß sich wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Kosovo vor dem Tribunal verantworten. In welchem Ausmaß Milutinovic tatächlich auf die Kosovo-Politik von Milosevic Einfluß nehmen konnte ist umstritten. Doch Milutinovic war jugoslawischer Delegationsleiter bei der Kosovo-Konferenz im französischen Rambouillet, deren Scheitern dann zur NATO-Militär-aktion führte. Milutinovic war somit ein hoher Funktionär in der Kommandokette des Milosevic-Regimes und wird sich damit nicht nur für seine Taten, sondern auch dafür zu verantworten haben, daß er Verbrechen im Kosovo nicht verhindert hat. Aus Belgrad Christian Wehrschütz

Milan Milutinovic ist der letzte ehemalige hochrangige Mitarbeiter von Slobodan Milosevic, der den Gang zum Kriegsverbrechertribunal nach Den Haag antreten mußte. Alle anderen früheren Spitzenpolitiker, wie der ehemalige jugoslawische Generalstabschef Dragoljub Ojdanic und der frühere stellvertretende Ministerpräsident Nikola Sajnovic haben sich bereits im vergangenen Jahr gestellt. Sie sind ebenso wir Milutinovic vom Tribunal wegen Kriegs-verbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Kosovo angeklagt. Der Prozeß gegen die drei wird daher zusammengelegt. Daß Milutnovic erst heute nach Den Haag überstellt wurde liegt daran, daß er bis Jahresende Präsident Serbiens war und in dieser Funktion politische Immunität genoß. Seine Überstellung nach Den Haag ist jedoch kein überzeugender Beweise für eine kompromißlose Zusammenarbeit Belgrads mit dem Tribunal. Denn Milutinovic ist in Serbien nicht populär; Rückhalt hatte Milutinovic nicht ein Mal mehr in seiner eigenen sozialistischen Partei; denn als Präsident arbeitete er reibungslos mit der serbischen Reformregierung unter Zoran Djindjic zusammen. Milutinovic wollte sich damit eine möglichst gute Ausgangsposition für die unvermeidliche Auslieferung sichern. So hofft der 60-jährige Milutinovic, daß er nach einer kurzen Untersuchungshaft bis Prozeßbeginn wieder auf freien Fuß gesetzt wird, weil Belgrad sein Teilnahme am Prozeß garantiert. Djindjic hat denn auch betont, wir kooperativ Milutinovic gewesen sei; daß er mit einer Sondermaschine und in Begleitung des jugoslawischen Außenministers Goran Svilanovic den Gang nach Den Haag angetreten hat, ist somit auch als politische Geste zu verstehen. Alle anderen Gefolgsleute von Milosevic kamen mit einer Linienmaschine zum Tribunal. Die Überstellung von Milutinovic nach Den Haag wird in Serbien jedoch noch aus anderen Gründen keine Proteste auslösen. Zwar ist das Tribunal noch immer sehr unpopulär, doch die Serben akzeptieren die Zusammenarbeit mit ihm als Voraussetzung für die Rückkehr nach Europa. Außerdem hat das Amt des serbischen Präsidenten hat keinen hohen Stellenwert, wie die bereits mehrmals an zu geringer Beteiligung gescheiterte Wahl eines Nachfolgers zeigt. Nicht ausgeliefert hat Belgrad jedoch bisher den wegen Kriegsverbrechen in Kroatien angeklagten Offizier Veselin Slivancanin und den bosnisch-serbischen General Ratko Mladic. Sie genießen eine gewisse Popularität und können auch auf Rückhalt in Teilen der jugosla-wischen Streitkräfte zählen. Im Fall von Mladic bestreitet Belgrad, dessen Aufenthalt zu kennen. Doch Slivancanin lebte bis zur Verabschiedung des Gesetzes über die Zusammen-arbeit mit Den Haag offen in Belgrad und tauchte dann unter. Eine vorbeugende Unter-suchungshaft wurde nicht verhängt. Somit ist die Überstellung von Milan Milutinovic für die Führung in Belgrad bestenfalls eine Atempause. Die vollständige Rückkehr Serbiens nach Europa und die völlige Normalisierung der Beziehungen zu den USA wird jedoch erst möglich sein, wenn Belgrad wirklich ohne Vorbehalte mit dem Haager Tribunal zusammen-arbeiten wird.

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