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Wiederholungswahl in Serbien

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In Serbien wird am achten Dezember ein neuer Präsident gewählt. Es ist bereits das dritte Mal, daß die Serben in diesem Herbst zu den Urnen gerufen werden. Denn der erste Prä-sidentenwahl ist gescheitert, weil bei der Stichwahl am 13. Oktober die gesetzlich vor-geschriebene Wahlbeteiligung von mehr als der Hälfte aller Wahlberechtigten verfehlt wurde. Die Wahlbeteiligung ist auch der große Unsicherheitsfaktor für die Wiederholungswahl am achten Dezember. Denn die von Ministerpräsident Zoran Djindjic geführte Koalition DOS hat keinen eigenen Kandidaten aufgestellt. Um das serbische Präsidentenamt bewerben sich somit nur drei Kandidaten, der jugoslawische Präsident Vojislav Kostunica, der Ultranationalist Vojislav Seselj und Boris Peljevic, der Vorsitzende der Partei des ermordeten Milizenführers Arkan. Ob diese drei Kandidaten genügend Wähler anziehen können, damit die Wahl gültig sein wird, ist fraglich. Aus Belgrad berichtet Christian Wehrschütz:

Die Präsidentenwahl in Serbien ist Teil des Machtkampfs zwischen Vojislav Kostunica und Zoran Djindjic. Während Kostunicas Partei Gesetzesreformen im serbischen Parlament ver-zögert und die von Djindjic erstrebte Umwandlung Jugoslawiens in die lose Union Serbien und Montenegro blockiert, ist Djindjic bestrebt, die Wahl Kostunicas zum serbischen Präsi-denten so lange wie möglich zu verzögern. Djindjic und die Mehrheit seiner Allianz DOS boykottierten de facto die Stichwahl der ersten Präsidentenwahl Mitte Oktober. Daher wurde das erforderliche Quorum von mehr als der Hälfte aller Wahlberechtigten verfehlt und Kostu-nicas Sieg zählte nicht. An der Wahlbeteiligung könnte nun auch bereits der erste Durchgang der Wiederholungswahl am achten Dezember scheitern. Zwar hat das serbische Parlament das Wahlgesetz geändert und für die Stichwahl das Quorum abgeschafft; damit aber die erste Runde gültig ist, müssen noch immer mehr als 50 Prozent aller Stimmberechtigten wählen. Ist das nicht der Fall, muß die gesamte Wahl wiederholt werden und Djindjic hätte wieder Zeit gewonnen. Daher sagte Vojislav Kostunica bei der Bekanntgabe seiner Kandidatur:

„Damit ich völlig klar bin: diese Wahlen sind nicht organisiert worden, damit sie erfolgreich sind. Das zeigen die unbereinigten Wählerlisten und die Verweigerung des Wahlrechtes für die Auslandsserben.“

In den Wählerlisten sind 6,55 Millionen Serben verzeichnet. Doch die Listen sind veraltet und enthalten viele Karteileichen. Hinzu kommt, daß es weder Wahlkarten noch fliegende Wahl-kommissionen gibt, so daß viele Serben praktisch nicht wählen können. Das Wählerpotential von Kostunica und der beiden anderen Kandiaten wird insgesamt auf bis zu drei Millionen geschätzt, doch das ist für die Gültigkeit der Wahl zu wenig. Scheitert die Wahl am Boykott von Zoran Djindjic und seiner Anhänger, wird die politische Agonie Serbiens weitergehen. Kann Kostunica doch genügend Wähler mobilisieren, um Präsident zu werden so wird der Machtkampf mit Djindjic in eine neue Phase treten. So oder so, der Konflikt der beiden wird Serbien weiter lähmen und die Reformen weiter verzögern, denn ein politischer Ausgleich ist nicht in Sicht.

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