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Verfassungsputsch in Serbien

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In Belgrad hat der Machtkampf zwischen dem jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica und Serbiens Ministerpräsident Zoran Djindjic einen neuen Höhepunkt erreicht.

Mit den Stimmen der von Djindjic geführten DOS-Koalition beschloß der Administrativ-ausschuß des serbischen Parlaments 35 Abgeordneten ihr Mandat zu entziehen. Darunter sind auch 21 Abgeordnete der Kostunica-Partei DSS; die übrigen 14 Abgeordneten gehören der Koalition DOS an. Begründet wurde der Mandatsentzug damit, daß die betroffenen Abgeord-neten durch wiederholte Abwesenheit und mangelnde Disziplin die Geschäftsordnung des serbischen Parlaments verletzt hätten. Durch diese Abwesenheit blockierte die DSS mit anderen Oppositionsparteien Parlamentssitzungen durch Abwesenheit blockiert; denn auch die Sitzungsdisziplin der Allianz DOS ließ zu wünschen übrig, so daß das nötige Präsenz-quorum wiederholt nicht erreicht wurde. Daher wurde durch eine Änderung der Geschäfts-ordnung das Präsenzquorum gesenkt, um die Blockade von Sitzungen und damit die Verab-schiedung von Gesetzesreformen zu verhindern. Kostunicas Partei DSS bezeichnete den Mandatsentzug wörtlich als „weichen Staatsstreich“. Über die Folgen dieser Entscheidung für die politische Lage in Serbien berichtet aus Belgrad Christian Wehrschütz:

Der Mandatsentzug ist das bisher härteste Mittel zu dem Serbiens Ministerpräsident Zoran Djindjic und seine Rumpf-Allianz DOS im Machtkampf gegen seinen Rivalen Vojislav Kostunica gegriffen hat. Angewandt wurden dabei die Geschäftsordnung des serbischen Parlaments und die Koalitionsvereinbarung, die die einstige 18-Parteienallianz DOS vor der Parlamentswahl in Serbien im Herbst des Jahres 2000 unterzeichnet hatte. Unterschrieben hatte diese Vereinbarung auch der damals neugewählte jugoslawische Präsident Vojislav Kostunica. Vorgesehen ist darin, daß DOS gemeinsam über den Entzug von Mandaten ent-scheidet; nachrückende Abgeordnete sollen aus der selben Partei kommen, der der ausge-schiedene Mandatar angehörte, sofern diese Partei noch über genügend Kandidaten auf der gemeinsamen Liste verfügt. Diese Bestimmung trifft nun Kostunicas Partei DSS, die das Parteienbündnis de facto bereits vor Monaten verlassen hat und in Opposition gegangen ist. Die DSS verliert 21 Sitze, hat aber nur mehr 13 Ersatzkandidaten auf der Liste. Die restlichen 8 Mandate werden daher auf andere Parteien der Allianz DOS aufgeteilt. Das bedeutet, daß sich auch die Mehrheitsverhältnisse im Parlament ändern. Da die DSS im Parlament bereits in Opposition zu Djindjic stand, verfügte dieser nur über 131 der 250 Abgeordneten. Diese Mehrheit wird nun auf 139 Sitze anwachsen und damit breiter werden. Schon vor dem Mandatsenzug hatte die DSS mit anderen Oppositionsparteien Parlamentssitzungen durch Abwesenheit blockiert; denn auch die Sitzungsdisziplin der Allianz DOS ließ zu wünschen übrig, so daß das nötige Präsenzquorum wiederholt nicht erreicht wurde. DOS entzog daher auch 14 undisziplinierten Abgeordneten aus den eigenen Reihen das Mandat; außerdem wurde durch eine Änderung der Geschäftsordnung das Präsenzquorum gesenkt, um die Blockade von Sitzungen und damit die Verabschiedung von Gesetzesreformen zu verhindern.

Kostunicas Partei DSS reagierte darauf mit der Bildung einer serbischen Schattenregierung. Den Mandatsentzug will die DSS vor Gerichten bekämpfen; Ersatzkandidaten sollen nicht nominiert werden, alle Kontakte zu Zoran Djindjic werden abgebrochen. Der Machtkampf in Serbien eskaliert zu einem Zeitpunkt, in dem die serbische Regierung alle Hände voll zu tun hat, die wachsende Unzufriedenheit unter der Bevölkerung einzudämmen. Streiks der Taxi-fahrer und von Mitarbeitern vom Konkurs bedrohter Unternehmen konnten nur durch Zu-geständnisse abgewendet werden. Die Arbeitslosigkeit ist noch immer hoch, die Privati-sierung verläuft langsamer als geplant. Wie instabil die gesamte Lage ist, zeigt der Mord an Bosko Buha, dem stellvertretenden Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit. Buha wurde in der Nacht von Montag auf Dienstag vor einem Belgrader Hotel erschossen. Der Tathergang zeigt, daß Profis am Werk waren. Sie könnten von diversen Gruppen der serbischen Unter-welt gedungen worden sein, denn Bosko Buha hatte vor allem die Aufgabe, die Organisierte Kriminalität zu bekämpfen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, daß dieser Mord unaufgeklärt bleibt; denn seite dem Sturz von Slobodan Milosevic vor 18 Monaten ist es bisher nicht ge-lungen, auch nur einen einzigen spektakulären Mordfall aus dessen Ära aufzuklären. Auch dieser Umstand zeigt, wie weit der Weg Serbiens zu Rechtsstaat und Demokratie noch ist.

Der Mandatsentzug ist das bisher härteste Mittel zu dem Serbiens Ministerpräsident Zoran Djindjic und seine Rumpf-Allianz DOS im Machtkampf gegen seinen Rivalen Vojislav Kostunica gegriffen hat. Angewandt wurden dabei die Geschäftsordnung des serbischen Parlaments und die Koalitionsvereinbarung, die auch Vojislav Kostunica unterschrieben hat.

Juristisch ist es somit möglich, daß Kostzunicas Partei DSS nun 21 Sitze im Parlament ver-liert, aus dieser Partei jedoch nur 13 DSS-Politiker ins Parlament nachrücken, Die restlichen 8 Mandate werden daher auf andere Parteien der Allianz DOS aufgeteilt. Das bedeutet, daß sich auch die Mehrheitsverhältnisse im Parlament ändern. Djindjics bisher knappe Parlaments-mehrheit wird somit breiter. Er hat seinen Rivalen Vojislav Kostunica weiter geschwächt und hat somit größere Chancen, Reformvorhaben rascher durch das serbische Parlament zu bringen. Diesem Ziel diente auch eine jüngst verabschiedete Änderung der Geschäftsordnung;

Dadurch wurde das erforderliche Präsenzquorum gesenkt, um die Blockade von Sitzungen durch die Opposition zu verhindern. Erkauft hat sich Djindjic diesen Sieg jedoch mit zweifel-haften Mitteln. Denn der Mandatsentzug ist aus demokratischer Sicht höchst fragwürdig; außerdem könnte Kostunicas Partei nun versucht sein, auf die Straße zu gehen, um die Bevölkerung gegen die serbische Regierung zu mobilisieren. Kostunica ist noch immer der populärste Politiker in Serbien und diesen Umstand könnte seine Partei DSS sich zu Nutze machen. Kostunicas Partei hat bereits eine serbischen Schattenregierung gebildet. Den Mandatsentzug will die DSS vor Gerichten bekämpfen, alle Kontakte zu Zoran Djindjic werden abgebrochen. Der Machtkampf in Serbien eskaliert zu einem Zeitpunkt, in dem die serbische Regierung alle Hände voll zu tun hat, die wachsende Unzufriedenheit unter der Bevölkerung einzudämmen. Streiks der Taxi-fahrer und von Mitarbeitern vom Konkurs bedrohter Unternehmen konnten nur durch Zugeständnisse abgewendet werden. Die Arbeitslosigkeit ist noch immer hoch, die Privatisierung verläuft langsamer als geplant. Nur wenn Djindjic daher die wirtschaftliche Lage tatsächlich in den Griff bekommt, kann er den Machtkampf gegen Vojislav Kostunica dauerhaft für sich entscheiden.

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