Serbiens Präsidentenwahl nächster Versuch
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Wahlkampffinale von Vojislav Kostunica in einem Belgrader Kongreßzentrum. Kostunica bekannte sich zu Rechtsstaat, Demokratie und starken Institutionen und rief zu hoher Wahl-beteiligung auf. Seine Kritik an Ministerpräsident Zoran Djindjic war in diesem Wahlkampf weit gemäßigter als bei der ersten Wahl. Kostunica will Teile jener Million Wähler für sich gewinnen, die bei der ersten Wahl für den Reformpolitiker Miroljub Labus gestimmt haben, um die erforderliche Wahlbeteiligung zu erreichen. Labus kandidiert nicht mehr, und so muß sich Kostunica von seinen beiden oppositionellen Gegenkandidaten abgrenzen. Es sind dies der Ultranationalist Vojislav Seselj und Boris Peljevic, der die Partei der Serbischen Einheit führt, die vom ermordeten Milizenführer Arkan gegründet worden ist. Peljevic ist eine Rand-erscheinung, während Seselj bis zu eine Million Wähler auf sich vereinen könnte. Kostunica muß daher mehr als zwei Millionen der insgesamt 6,5 Millionen Wähler für sich gewinnen, um die nötige Wahlbeteiligung von mehr als 50 Prozent aller Wahlberechtigten zu erreichen. Dabei ist Kostunica zu einem politischen Spagat gezwungen, denn seine Klientel besteht aus Gegnern und Befürwortern des von Djindjic verfolgten Reformkurses. Scheitert Kostunica und wird die Wahlbeteiligung verfehlt, so muß die gesamte Wahl binnen 60 Tagen wiederholt werden.
Darauf setzt Zoran Djindjic; denn bis dahin könnte die Umwandlung Jugoslawiens in die lose Union Serbien und Montenegro abgeschlossen sein und dann muß die serbische Verfassung an die Verfassung dieses neuen Staates angepaßt werden. Dadurch könnten die Kompetenzen des serbischen Präsidenten noch weiter beschnitten werden. Sollte die Wahl wieder scheitern, könnte in Serbien auch jene Strömung die Oberhand gewinnen, die den Präsidenten nicht mehr durch das Volk, sondern durch das Parlament wählen lassen will. Djindjic ist somit bestrebt, den populären Kostunica ins Leere laufen zu lassen, um seine heterogene Koalition bei der Stange zu halten. Djindjics weiß um seine geringe Popularität und sein Hauptziel ist es, vorgezogene Parlamentswahlen so lange zu vermeiden, bis die Reformerfolge für die Masse der Serben sichtbar und spürbar werden. Bis dahin könnten den Serben somit noch mehrere Präsidentenwahlen ins Haus stehen.