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Milosevic und die Folgen

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Berichte Serbien
Die jugoslawische Regierung hat gestern den Weg für die Auslieferung von Slobodan Milosevic an das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag geebnet. Beschlossen wurde eine Verordnung, mit der die Zusammenarbeit zwischen Belgrad und Den Haag geregelt und auch die Auslieferung ermöglicht wird. In kraft gesetzt wurde diese Dokument nur mit den Stimmen der serbischen Minister, denn der montenegrinische Koalitionspartner SNP ist gegen die Auslieferung und boykottierte bis auf einen Minister die Sitzung. Sturz oder Fortbestand der Bundesregierung hängt somit vor allem von der Entscheidung der SNP ab; dazu hat in Belgrad unser Korrespondent Christian Wehrschütz folgende Analyse verfaßt:

Der Alleingang der serbischen Parteienallianz DOS in der Frage der Ausliefer-ung stellt den montenegrinischen Koalitionspartner SNP vor ein Dilemma. Soll die Partei in der Regierung bleiben und damit ihren Wählern untreu werden oder aus der Regierung ausscheiden und so möglicherweise den Zerfall Jugoslawiens beschleunigen, den diese Partei ebenfalls verhindern will. Neuwahlen in Jugo-slawien hätten nur einen Sinn, wenn auch die in Montenegro regierenden Unab-hängigkeitsbefürworter teilnehmen würden; das ist jedoch derzeit eher unwahr-scheinlich. Hinzu kommt, daß in Montenegro die zweitgrößte pro-serbische Kraft, die Volkspartei, die SNP ebenfalls unter Druck setzt. Denn die Volkspar-tei droht mit dem Bruch der Koalition „Gemeinsam für Jugoslawien“, die diese Parteien vor der Parlamentswahl in Montenegro gebildet haben. Ein Scheitern dieser Allianz würde die SNP politisch wie finanziell schwächen; denn die Volkspartei verfügt über die besseren Verbindungen zu Präsident Vojislav Kostunica, der nicht vergessen hat, daß die SNP bis zu dessen Sieg der Verbündete von Slobodan Milosevic gewesen ist. Möglich ist, daß die SNP die Bundesregierung verläßt, aber ein Minderheitskabinett unterstützt, das nur aus Ministern der serbischen Allianz DOS besteht. Möglich ist aber auch, daß die SNP lautstark protestiert und trotzdem in der Regierung bleibt. Denn sie hat zwar ein Gesetz über die Auslieferung verhindert, mit der Anwesenheit eines ihrer Minister bei der Regierungssitzung jedoch das nötige Präsenzquorum gesichert und damit ermöglicht, daß eine entsprechende Verordnung überhaupt beschlossen werden konnte. Welchen Weg die SNP wählt, werden die kom-menden Tage zeigen. Wahrscheinlich ist, daß die Bundesregierung zunehmend instabil werden dürfte und auch dadurch eine Klärung der Beziehungen zwischen Serbien und Montenegro immer dringender wird.
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