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Interview Innenminister Mihajlovic

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In der Ära Milosevic war die serbische Polizei ein Machtin-strument im Kampf gegen die demokratische Opposition. Nach deren Sieg vor drei Jahren besserte sich das Image der Polizei nur langsam, denn auch die Reform des Sicherheitsapparates ver-lief nicht gerade sehr schnell. Geändert hat sich das Image der Polizei erst mit dem Ausnahmezustand, der im März nach dem Mord an Ministerpräsident Zoran Djindjic verhängt wurde. Die Massen-verhaftungen mutmaßlicher Attentäter und vieler Krimineller fiel in der Bevölkerung auf breite Zustimmung. Trotzdem ist der Beruf des Polizisten in Serbien schlecht bezahlt und nicht sehr attraktiv. Über den Zustand der Polizei, deren Reform und über die Suche nach den noch flüchtigen Djindjic-Attentätern hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz mit Belgrad mit Innenminister Dusan Michajlovic gesprochen und folgenden Bericht gestaltet:

Etwa 40 Personen soll im Herbst in Serbien der Prozess im Zu-sammenhang mit dem Mord an Ministerpräsident Zoran Djindjic ge-macht werden. Sie alle waren Mitglied des Mafiaklans von Zemun oder standen mit diesem in Verbindung. Der Chef des Klans, Milorad Lukovic und einige andere mutmaßliche Drahtzieher des Attentates sind noch flüchtig. Serbiens Innenminister Dusan Michajlovic gibt an, dass diese Personen bei kriminellen Gruppen in Europa untergetaucht sind. Der Innenminister zeigt sich optimistisch, dass Lukovic gefasst wird. Dabei setzt Michajlovic auf internationale Zusammenarbeit, die bereits Erfolge gezeitigt habe:

„Die internationale Zusammenarbeit hat dazu geführt, dass ein Mitglied des Clans von Zemun in Bulgarien verhaftet werden konnte. Ein anderes Mitglied wurde in den Niederlanden verhaf-tet und schon an uns ausgeliefert. Auch über führende Mitglie-der des Clans hatten wir Informationen und konnten eines von ihnen vor einigen Tagen festnehmen. Daher glauben wir, dass sich auch die weiteren flüchtigen Clan-Mitlgieder bald in den Händen der Justiz wiederfinden werden.“

Weit weniger erfolgreich war die Polizei bisher bei der Suche nach Radovan Karadjic und Ratko Mladic, den beiden mutmaßlichen Kriegsverbrechern. Zumindestens im Falle von Ratko Mladic gibt Michajlovic zu, dass die Polizei Informationen über dessen Aufenthalt besessen hat:

„Was Ratko Mladic betrifft, gibt es keine Informationen über seinen Aufenthaltsort in Serbien nach dem Frühling 2002. Wir haben mit dem Haager Tribunal und der internationalen Gemein-schaft vereinbart, dass unsere Zusammenarbeit keine Einbahn-strasse sein soll und haben begonnen, Informationen auszutau-schen. Gemeinsam werden wir herausfinden, ob Mladic sich in Serbien aufhält. Dann wird auch diese Frage, die Serbien belastet, von der Tagesordnung verschwinden.“

Noch nicht abgeschlossen ist auch der Reform der Polizei selbst. Zwar ist sie kein politisches Machtinstrument mehr wie unter Milosevic, doch die negativen materiellen Folgen dieser Ära auch für die Polizei, sind noch lange nicht überwunden. Dusan Michajlovic:

„Als ich hier begann, hatte die Verkehrspolizei nicht ein funktionierendes Radargerät, gar nicht zu sprechen von einem funktionierenden Einsatzwagen für Verkehrkontrollen. Die Kriminal-Technik befand sich in einem katastrophalen Zustand, wie zum Beispiel das Zubehör für Untersuchungen vor Ort, das mehrere Jahrzehnte alt war. Auf dieser Ebene haben wir etwas erreicht. Dieses Jahr hat die Anschaffung der Ausrüstung für die Kriminalpolizei absoluten Vorrang. Wir haben wertvolle Spenden bekommen, auch von der deutschen Polizei. Sie hat uns auch mit einem Gerät für die Erstellung von Phantombildern ausgestattet.“

Als ständigen Kampf bezeichnet Michajlovic auch den Kampf gegen die Korruption in der Polizei selbst:

„Es wird immer welche geben, die versuchen, ihr Einkommen illegal aufzubessern. Sei es, dass sie keine Bestätigungen bei Verkehrsdelikten ausstellen oder dass sie jemanden einen Dienst erweisen und dafür entschädigt werden. Wir haben beim Haupt begonnen und sind jetzt unten angelangt. Mehrere hundert Beamte dieses Ministeriums wurden so entlassen. Jüngst haben wir eine Schicht der Polizei an einem Kontrollpunkt an der Verwaltungs-grenze zum Kosovo verhaftet; sie stand mit Schmugglern in Ver-bindung und ließ deren Lastwagen unkontrolliert passieren. Das ist ein täglicher Kampf.“

Erschwert wird dieser tägliche Kampf auch durch die geringe Bezahlung. Ein Polizist verdient zu Beginn nur knapp 200 Euro pro Monat. Daher hat Innenminister Dusan Michajlovic Auch mit Personalproblemen zu kämpfen:

„Der Polizeiberuf ist nicht mehr so attraktiv, daher haben wir große Probleme. Beamte der lokalen und der städtischen Verwal-tung in den entwickelteren Gebieten der Vojvodina und Belgrads haben ein deutlich höheres Gehalt als die Polizisten. In den unterentwickelten Teilen Serbiens sieht die Lage anders aus: das Gehalt der Polizisten liegt über dem Durchschnitt, so dass ein Polizist ein bisschen zufriedener sein kann; auch sind die Ausgaben im Süden Serbiens geringer als hier in Belgrad. Daher hoffe ich, dass die Regierung Verständnis zeigt und Mittel finden wird, vor allem um die materielle Situation zu verbes-sern. Außerdem muss eine Lösung gefunden werden für die Wohnungsnot und die Arbeitsbedingungen. Ein zufriedener Polizist neigt weniger zur Korruption.“
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