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In Belgrad und anderen serbischen Städten haben Tausende Anhänger der Opposition die Wahlnacht gefeiert. Obwohl noch kein vorläufiges Endergebnis vorliegt sind die Anhänger von Vojislav Kostunica überzeugt, daß er als Kandidat der „Demokratischen Opposition Serbiens“ neuer Präsident Jugoslawiens werden wird. Denn die Opposition behauptet, daß Kostunica bereits im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit errungen und damit den bisherigen Präsidenten Slobodan Milosevic besiegt hat. Doch auch Milosevics Wahlbündnis aus Sozialisten und Jugoslawischer Linken hat erklärt, daß ihr Spitzenkandidat gewonnen habe. Aus Belgrad Christian Wehrschütz:

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„Rette, Rette Serbien, oh Slobodan und bring dich um!“, skandierten die Gegner des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic immer wieder in der Belgrader Innenstadt. Das vom serbischen Staatsfernsehen auf dem Platz der Republik organisierte Konzert fand dagegen nur wenig Anklang. Die Nacht verlief weitgehend friedlich, obwohl die Polizei zunächst Anhänger und Gegner der Regierung auseinander zu halten hatte. Hunderte Bürger waren in Belgrad und Tausende in ganz Serbien auf den Straßen, um zu feiern und um von der Opposition über Ergebnisse informiert zu werden. Diese besagen, Kostunica sei schon im ersten Wahlgang gewählt worden. Gestützt werden diese Angaben auch von der oppositionellen serbischen Erneuerungsbewegung und der Serbischen Radikalen Partei, Milosevics Koalitionspartner, die Kostunica als Sieger sehen. Doch noch hat die Zentrale Wahlkommission keine Stellungnahme abgegeben und auch die Zahl der ausgezählten Stimmen ist unklar. Außerdem beansprucht auch Milosevics Wahlbündnis den Sieg. Nach Angaben der Sozialisten liegt Milosevic mit 44 Prozent vor Kostunica, der 41 Prozent erreicht hat. Die Jugoslawische Linke erklärt dagegen, Milosevic habe bereits im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreicht. Klar ist jedoch, daß Kostinica nicht nur beim direkten Duell gegen Milosevic, sondern auch mit seiner Parteienallianz bei den Parlamentswahlen und den serbischen Kommunalwahlen sehr gut abgeschnitten hat, obwohl noch keine vorläufigen Endergebnisse vorliegen. Entscheidens wird nun sein, ob Milosevic eine allfällige Niederlage akzeptieren würde und wie sich die Bevölkerung verhält, sollten doch noch massive Wahlmanipulationen festzustellen sein.

Ob die Zeit dafür wirklich gekommen ist, ist noch nicht ganz klar. Denn noch immer gibt es keine wirklich verläßlichen Angaben über den Ausgang der Wahlen. Unklar ist auch, wie viele Stimmen bereits ausgezählt wurden und wie hoch die Wahlbeteiligung war. Die Rede ist von 75 Prozent, das wären etwa 4,7 Millionen Wähler. Hinzu kommt, daß die Angaben des regierenden Wahlbündnisses aus Sozialisten und Jugoslawischer Linken unterschiedlich sind. So behaupt ein führender Sozialist nun, Slobodan Milosevic habe bei der Präsidentenwahl 44 Prozent erreicht, während sein demokratischer Herausforderer Vojislav Kostunica bei 41 Prozent liege. Dagegen behauptet die Jugoslawische Linke, Milosevic habe die Präsidentenwahl mit 56 Prozent bereits im ersten Durchgang gewonnen und Kostunica habe 31 Prozent erreicht. Genau spiegelverkehrt lautet die Stellungnahme der „Demokratischen Opposition Serbiens“. Nach ihren Angaben hat Kostunica schon im ersten Wahlgang die nötige absolute Mehrheit erreicht. Diese Angaben klingen plausibler, denn auch die oppositionelle serbische Erneuerungsbewegung und Serbische Radikale Partei, Milosevics Koalitionspartner, sehen Kostunica als Sieger. Für sie ist allerdings noch offen, ob Kostunica bereits im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit geschafft hat. Sein Wahlbündnis DOS soll auch bei den serbischen Kommunalwahlen triumphiert und bei den Parlamentswahlen sehr gut abgeschnitten haben. Die Zentrale Wahlkommission soll erst heute eine Stellungnahme abgeben. Trotzdem stehen ein Verlierer und ein Sieger bereits klar fest. Die bisher größte serbische Oppositionspartei SPO wurde nach allen Angaben marginalisiert. Und in Montenegro hat die Bevölkerung den Wahlboykott der prowestlichen Regierungskoalition weitgehend befolgt; denn die Wahlbeteiligung dürfte nur etwa 25 Prozent betragen haben. In Serbien lautet die entscheidende Frage derzeit, wie Milosevic auf eine allfällige Niederlage reagieren wird und ob doch noch massive Manipulationen festzustellen sind, die nächsten Stunden und Tage werden es zeigen.

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