Serbien wählt
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Von den acht Parteien, die in der größeren jugoslawischen Teilrepublik Serbien zur Wahl antreten, haben nur vier eine Chance, den Einzug ins Parlament zu schaffen. Es sind dies die Koalition DOS, der Meinungsumfragen sogar mehr als 60 Prozent der Stimmen vorhersagen. Die Fünf-Prozenthürde sicher über-springen werden die Sozialisten von Slobodan Mlosevic und die ultranationalistische Serbische Radikale Partei von Vojislav Seselj. Knapp dürfte es nach den Meinungsumfragen für die Serbische Erneuerungsbewegung von Vuk Draskovic werden, die vor der demokratischen Wende in Jugoslawien die größte Oppo-sitionspartei war. Die übrigen vier Parteien sind Kleinpar-teien; zwei davon haben sich erst nach der Niederlage von Slobodan Milosevic gebildet und sind Abspaltungen aus dessen sozialistischer Partei. Restriktiver aber auch weniger anfäl-lig ist das nun geltende Wahlgesetz. Der Zeigefinger eines jeden Wählers wird mit einem unsichtbaren Spray besprüht, der nur bei ultraviolettem Licht leuchtet. Entsprechende Lampen werden in allen Wahllokalen eingesetzt, um eine doppelte Stimmabgabe zu verhindern. Negativ zu bewerten ist, daß das Gesetz keine Stimmabgabe außerhalb der Wahllokale zuläßt. Kranke, Behinderte, Gefangene aber auch die in Montenegro stationierten serbischen Soldaten werden somit nicht wählen können. Benachteiligt werden auch die nationalen Minderheiten. Denn Serbien ist ein einzige Wahlkreis und keine Partei einer Minderheit, die außerhalb von DOS antritt, hat daher eine reelle Chance. Dies ist auch einer der Gründe, warum die Albaner in Südserbien die Wahl boykottieren.
Die große Bedeutung der Parlamentswahl in Serbien ergibt sich daraus, daß in Jugoslawien die Macht bei den Teilrepubliken und nicht beim Bundesstaat liegt. Daher hängt der demokratische Wandel vor allem vom Erfolg der Allianz DOS und deren Reformpolitik nach der Wahl ab. Wahlschluß ist in Serbien um 20 Uhr, mit ersten Ergebnissen ist in der Nacht zu rechnen.