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Privatisierung und Österreicher in Serbien

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Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und Serbien haben seit dem Sturz von Slobodan Milosevic vor mehr als zwei Jahren massiv zugenommen. Praktisch alle Banken aber auch viele Rechtsanwaltskanzleien sind bereits auf dem serbischen Markt und auch produzierende Unternehmen drängen nach. Die Exporte nach Serbien sind im Jahre 2002 um ein Drittel auf 335 Millionen Euro gestiegen. Das ist die höchste Steigerungsrate in Osteuropa. In der Rangliste der Exportländer hat sich Serbien damit binnen Jahresfrist vom 36. Auf den 29. Platz verbessert. Da die Regierung in Belgrad dringend Geld braucht, sind für heuer auch zumindestens drei große Privatisierungen geplant. Dabei hoffen auch österreichische Firmen zum Zuge zu kommen. Über deren Engagement in Serbien berichtet aus Belgrad unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Die Ermordung von Ministerpräsident Zoran Djindjic vor mehr als einem Monat hat zumindestens das Interesse österreichischer Firmen am serbischen Markt nicht geschwächt. Dazu beigetragen hat, daß in Serbien mit dem Kampf gegen die Organisierte Kriminalität ernst gemacht wurde und auch das Parlament nun längst überfällige Reformgesetze verabschiedet hat. Derzeit sind in Serbien mehr als einhundert österreichische Firmen präsent, im Jahr 2000 waren es 30. Serbien hat gut ausgebildete Arbeitskräfte, eine moderne Steuergesetzgebung und mit etwa 160 Euro im Monat sehr niedrige Durchschnittslöhne. Das lockt auf einen Markt mit 7,5 Millionen Konsu-menten, obwohl Bürokratie und Gerichtsbarkeit noch immer sehr langsam sind. Ein wahres Paradies ist Serbien für Tabakkonzerne. Mehr als 50 Prozent der Bevölkerung sind Raucher, bis zu 20 Milliarden Stück Zigaretten werden jährlich verkauft und Rauchen ist fast überall in Serbien erlaubt. Seit Jahren mit Zigaretten präsent ist auch die Gallaher-Tochter Austria Tabak. Nun wurde ein Büro eröffnet; denn die zwei serbischen Tabakfabriken werden heuer privatisiert und Austria Tabak wird wohl auch zu den Bietern zählen. Zu den Pionieren am serbi-schen Markt zählt auch die OMV, die bereits ihr eigenes Netz aufbaut. Die OMV dürfte an der Privatisierung von Beopetrol interessiert sein. Beopetrol ist mit 180 Stationen Serbiens zweitgrößter Tankstellenbetreiber.

Erfolgreich geboten hat bereits der Henkel-Konzern. Über seine Wiener Zentrale für Mittel- und Osteuropa hat Henkel die Waschmittelfabrik Merima erworben. Sie ist Marktführer und soll auch die Konzernposition in Osteuropa stärken. Gerade das Beispiel Henkel zeigt, daß auch viele internationale Konzerne ihre Töchter als Drehscheibe für Ost-und Südosteuropa nutzen und Serbien als wichtigen Faktor in der Region betrachten. Seit April präsent ist die Wiener Städtische Versicherung präsent. Zum Marktpotential sagt deren Vertreter Patrick Skyba in Belgrad:

„Wir haben ein Versicherungsaufkommen pro Kopf von 31 Euro, im Vergleich zu Mitteleuropa liegt diese Zahl bei 1000 Euro. Der Markt ist versicherungstechnisch nicht abgedeckt.“

So entfallen auf Haushalts- und Lebensversicherungen nur ein Prozent des gesamten Prämienaufkommens In Belgrad beschäftigt die Wiener Städtische bereits 30 Mitarbeiter, die vor allem Privatkunden werben; Beim Verkauf wird auch mit österreichischen Banken und deren Leasinggesellschaften zusammengearbeitet, die bereits massiv in Serbien sind. Die Wiener Städtische will noch heuer neun Büros in ganz Serbien eröffnen, um den Markt noch intensiver bearbeiten zu können. Nutzen will die Wiener Städtische dabei auch das geringe

Vertrauen vieler Serben in die meisten der 44 heimischen Versicherungen. Gerichtsverfahren dauern etwa drei Jahre und vor allem bei KFZ-Haftpflichtversicherungen werden unter Androhung eines Prozesses oft nur 20 Prozent des Schadens angeboten. Hinzu kommt, daß ein neues Gesetz über Versicherungen das erforderliche Eigenkapital beträchtlich erhöhen wird. Daher ist in Serbien bei den Versicherungen mit einer ähnlich großen Markbereinigung zu rechnen, wie das die Bankenreform mit sich gebracht hat. Davon profitiert haben Raffeisen aber auch so manche andere österreichische Banken, die bereits massiv in Serbien und in der Region präsent sind.

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