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OK und Djindjic

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Wie mächtig ist die Organisierte Kriminalität in Serbien? Diese Frage stellt sich schlagartig nach dem Mord an Ministerpräsident Zoran Djindjic. Rechtfertigt doch die Regierung den Ausnahmezustand mit dem Kampf gegen einen Mafiaklan, der für das Attentat auf Djindjic verantwortlich sein soll. Dieser Klan in einem Vorort von Belgrad soll aus einer Mischung von Kriminellen, Sonderpolizisten und Kriegsverbrechern bestehen, die in der Ära Milosevic zu Macht, Einfluß und Reichtum gekommen sind. Die Regierung behauptet, dieser Klan habe 200 Mitglieder. Knapp ein Viertel dieser Gruppe soll die Polizei bereits verhaftet haben, doch deren Anführer mit Namen Milorad Lukovic ist weiter auf der Flucht. Seine Karriere hat in Belgrad unser Balkankorrespondent Christian Wehrschütz nachgezeichnet.

„Albaner“, „Pate“, „Ratte“, „Trottel“, „Wolf“ sind Spitznamen von Führern des berüchtigten Mafiaklans des Belgrader Vorortes Zemun, der für die Ermordung von Zoran Djindjic verant-wortlich sein soll. Der prominenteste Vertreter des Klans, der 38-jährige Milorad Lukovic, begann seine Karriere als gewöhnlicher Krimineller in Belgrad. Die Flucht vor der Polizei führte Lukovic nach Frankreich, wo er zunächst als Rausschmeißer in einem Lokal arbeitete. Einen Zwischenspiel bei der Fremdenlegion verdankt Lukovic den Spitznamen „Legionär.“ 1992 kehrte er nach Serbien zurück Die Kriege im ehemaligen Jugoslawien nutzen er und viele Kriminelle, um unter dem Deckmantel des Patriotismus Beute zu machen und reich zu werden. Dazu zählte der serbische Milizenführer Arkan. Unter seinem Kommando diente auch Milorad Lukovic. Lukovic wurde nach dem Ende des Bosnien-Krieges Kommandant der „Roten Barette“, einer Sondereinheit der Polizei. Sie soll auch im Kosovo Verbrechen began-genen haben. Während Arkan im Februar 2000 in einem Belgrader Hotel erschossen wurde, galten Lukovac und seine „Roten Barette“ als die Prätorianergarde von Slobodan Milosevic. Bei dessen Sturz verhielt sich diese Spezialeinheit neutral und ermöglichte den weitgehend unblutigen Machtwechsel. Zoran Djindjic würdigte dieses Verhalten und Milorad Lukovic blieb bis vor knapp zwei Jahren Kommandant seiner Spezialeinheit. Diese Dankbarkeit und der Machtkampf zwischen Djindjic und Vojislav Kostunica führten dazu, daß sich in Armee, Polizei und Justiz viele Anhänger des alten Regimes halten konnten. Sie sind dafür verant-wortlich, daß Kriegsverbrecher wie Ratko Mladic noch in Freiheit sind. So verweigerten die Roten Barette den Gehorsam, als sie Kriegsverbrecher verhaften sollten. Auch nach der Aus-lieferung von Slobodan Milosevic an das Haager Tribunal nahm der Druck des Westens auf Djindjic ständig zu, weitere Kriegsverbrecher zu überstellen. Gleichzeitig drängte Djindjic mit seinem Kampf etwa gegen den Zigarettenschmuggel die Organisierte Kriminalität in die Defensive. Im Zusammenhang mit Milorad Lukovic betonte Djindjic, daß auch frühere Ver-dienste nicht als Schutz vor Strafverfolgung dienen könnten. Diese Aussage und Politik haben

nach Angaben der serbischen Regierung zur Ermordung von Zoran Djindjic geführt. Denn damit sagte Djindjic einer Gruppe den Kampf an, die aus Kriminellen, Auftragsmördern, ehemaligen Sonderpolizisten, hochrangigen Geheimdienstlern, Sonderpolizisten, fronter-fahrenen Freischärlern und Kriegsverbrechern bestand. Aus dieser Mischung setzt sich auch jener Mafiaklan zusammen, der in Zemun, das bis 1918 zur österreichisch-ungarischen Monarchie gehörte, ein fürstliches Leben führte. Dieser Klan wird auch für Ermordung von Ivan Stambolic, Milosevics Amtsvorgänger, und für viel ungeklärten Verbrechen in dessen Ära verantwortlich gemacht. Denn unter Milosevic arbeiten Sicherheitsapparat, Kriminalität und Kriegsverbrecher eng zusammen. Zoran Djindjic könnte den Kampf gegen diese Symbiose nun mit seinem Leben bezahlt haben. Doch die endgültigen Beweise für diese Theorie, wird die serbische Regierung noch vorzulegen haben.

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