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Ausnahmezustand, Verdacht und Tod

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Berichte Serbien
In Serbien ist seit Mitternacht der Ausnahmezustand in Kraft. Die geschäftsführende Präsi-dentin Serbiens, Natasa Micic, hat ihn auf Antrag der Regierung in Belgrad verhängt. Der Ausnahmezustand soll genutzt werden, um die Organisierte Kriminalität besser bekämpfen zu können, die auch für die gestrige Ermordung von Ministerpräsident Zoran Djindjic verant-wortlich gemacht wird. In Belgrad findet heute auch die Trauerfeier für Zoran Djindjic statt. Die Regierung hat eine dreitägige Staatstrauer angeordnet. Aus Belgrad berichtet Christian Wehrschütz:

Noch in der Nacht kamen immer wieder Belgrader zur serbischen Regierung, um vor dem Eingang Kerzen anzuzünden und Blumen als Zeichen der Trauer zu hinterlegen. Die meisten Kinos sind geschlossen und auch die Fernsehsender haben ihr Programm geändert. Die Stim-mung ist gedrückt, denn das Attentat auf Ministerpräsident Zoran Djindjic und die unabseh-baren Folgen haben die Unsicherheit im Lande erhöht. Die Zukunftsängste vieler Serbien sind nun noch stärker geworden. So sagt eine Frau zum Anschlag:

„Ich bin eine Mutter und habe einen Sohn. Wer weiß, was im Leben sein wird. Ist unsere Sicherheit als einfache Bürger nun in diesem Land noch gewährleistet ?

Befürchtet wird aber auch, daß der Mord massive Auswirkungen auf das Bild Serbiens in der Welt und auf die Investitionsbereitschaft ausländischer Firmen haben wird. So sagt ein junger Mann:

„Ich bin sehr traurig. Das wirft uns 10 Jahre zurück. Schwierig wird das für ausländische Investitionen. Der Mann hat viel für unser Land getan.“

Um die Solidarität Europas mit Serbien in diesen schweren Stunden zu unterstreichen, kom-men heute auch Javier Solana und der EU-Kommissar Chris Patten nach Belgrad. Doch so wichtige diese Hilfe ist, so stehen für die serbische Regierung derzeit natürlich die Auf-klärung des Attentats und der Kampf gegen die organisierte Kriminalität im Zentrum. Die Regierung macht für Ermordung von Zoran Djindjic den sogenannten Zemuner Klan verantwortlich, der nach einen Belgrader Vorort benannt ist. Er soll aus etwa 200 Mitgliedern bestehen und wird auch fast aller ungeklärten Verbrechen der Ära Milosevic sowie des Drogenhandels beschuldigt. Zum 20 Personen umfassenden Führungskreis soll auch Milorad Lukovic, mit Spitznamen Legija zählen. Er war Kommandant der Sondereinheit „Rote Barette“, deren Angehörige bei den Kriegen in Bosnien und Kroaten Kriegsverbrechen begangen haben sollen. Die Regierung gibt an, die Verhaftung Legijas und des Zemuner Klans geplant zu haben. Der Anschlag habe diese Festnahme verhindern sollen. Die Verhängung des Ausnahmezustandes soll nun auch dazu dienen, den Kampf gegen die Organisierte Kriminalität erfolgreich zu führen. Die Polizei hat nun Sondervollmachten, das Militär übernimmt Polizeiaufgaben und unterstützt die Sicherheitskräfte. Eingeschränkt wurde auch Medienfreiheit und bürgerliche Rechte. Wie lange der Ausnahmezustand dauern wird, ist derzeit nicht bekannt.

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