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Serbien hat gewählt

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In Serbien hat gestern die erste Runde der Präsidentenwahl stattgefunden. Ent-schieden wird die Wahl des Präsidenten jedoch in einer Stichwahl in zwei Wochen. Daran teilnehmen werden der jugoslawische Präsident Vojislav Kostunica und der Reformpolitiker Miroljub Labus. Beide haben gestern beim ersten Durchgang am besten abgeschnitten, die nötige absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen aber verfehlt. Insgesamt verlief die Wahl, von kleineren Unregelmäßigkeiten abgesehen, fair. Mehrere Tausende serbische und mehr als 200 internationale Wahlbeobachter waren im Einsatz. Aus Belgrad berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

In Serbien liegt noch kein vorläufiges Endergebnis der Präsidentenwahl vor, denn die Wahlbehörden sind dazu mangels Infrastruktur nicht in der Lage. Ein seriöses unabhängiges Meinungsforschungsinstitut hat jedoch gemeinsam mit einer Nicht-Regierungsorganisation, die auf Wahlbeobachtung spezialisiert ist, eine seriöse Hochrechnung vorgelegt. Vojislav Kostunica erreichte 31 Prozent und führt vor Miroljub Labus der auf knapp 28 Prozent kommt. In der Stichwahl wird es Labus aber kaum möglich sein, Kostunica zu schlagen. Kostunica kann auf Wähler zählen, die für die anderen neun oppositionelle Kandidaten gestimmt haben, während Labus kaum mehr Wählerreserven hat. Eine Stellungnahme beider Politiker zum Wahlergebnis gibt es noch nicht. Die große Frage wird jedoch sein, ob beim zweiten Wahlgang die nötige absolute Mehrheit aller Wahlberechtigten zu den Urnen geht. Im ersten Durchgang lag die Wahlbetei-ligung nur bei 55 Prozent. Dazu sagt der Meinungsforscher Srdjan Bogosavljevic:

„Sicher ist, daß es im zweiten Wahlgang sehr schwierig wird, die nötige 50 Prozent-Beiteiligung zu erreichen, vor allem weil es gut möglich ist, daß es politische Gruppen gibt, die interessiert sein könnten, die Wahl zu boykottieren. Das gilt für die DS von Zoran Djindjic, die keinen Sieg von Kostunica haben möchte oder für die Radikalen; sie haben sehr gut abgeschnitten und könnten hoffen, bei einer Wahlwiederholung ein noch besseres Ergebnis zu erreichen.“

Profitiert hat die Radikale Partei SRS vor allem von der niedrigen Wahlbetei-ligung. Ihre Wähler sind diszipliniert, ließen sich vom Regen-Wetter nicht abschrecken und Parteichef Vojislav Seselj kam auf mehr als 22 Prozent. Doch nicht nur wegen des Wiedererstarken dieses Ultranationalisten dürfte Serbien instabilien Zeiten entgegen gehen. Ist der zweite Durchgang der Präsidenten-wahl ungültig, stehen wieder Monate des Wahlkampfes bevor; ist er gültig und gewinnt Vojislav Kostunica dürften der Fall der Regierung Djindjic und vorge-zogene Parlamentswahlen die Folge sein. So sagte Kostunica Berater Slobodan Samardzic noch am Wahlabend: .

„Die einzige Lösung sind vorgezogene Parlamentswahlen. Nach dieser Präsi-dentenwahl kann nur eine vorgezogene Parlamentswahl das Mißverhältnis zwischen der Stimmung der Wähler und der Zusammensetzung des serbischen Parlaments lösen.“
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