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Reportage-Südserbien

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Berichte Serbien
Jugoslawische Truppen und serbische Sonderpolizei sind heute in einen kleinen Abschnitt der Pufferzone im Gebiet zwischen Südserbien, Mazedonien und dem Kosovo zurückgekehrt. Nach dem Ende des Kosovo-Krieges hatten diese Einheiten nicht nur den Kosovo sondern auch eine fünf Kilometer breite Pufferzone zum Kosovo räumen müssen. Nun durften diese Truppen in ein 25 Quadratkilometer großes Gebiet zurückkehren. Ermöglicht wurde diese Rückkehr durch den demokratischen Wandel in Belgrad sowie durch Anschläge albanischer Extremisten, die die jugoslawischen Kräfte nun unterbinden sollen. Seit heute sind diese Truppen auch im Dorf Miratovac stationiert. Unser Jugoslawien-Korrespondent Christian Wehrschütz hat dieses Dorf besucht und folgenden Bericht gestaltet.

Das Dorf Miratovac, albanisch Miratoc, liegt nur wenige hundert Meter von der mazedoni-schen Grenze entfernt in der Pufferzone zum Kosovo. Miratoc bietet dasselbe triste Bild wie alle albanischen Dörfer in Südserbien. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, Kanalisation und Fest-netztelefon gibt es ebenso wenig wie ein Gasthaus. Die Bewohner leben von der Land-wirtschaft und von den Gastarbeitern. Von den 5000 Einwohnern arbeiten etwa 400 im Ausland, vorwiegend in der Schweiz. Schwyzerdütsch dient daher auch als Verständigungs-mittel mit den Albaner, die am Bau, als Mechaniker oder in einer Aluminiumfabrik in der Schweiz gearbeitet haben. Die Rückkehr der jugoslawischen Truppen und der serbischen Sonderpolizei wird praktisch von allen Bewohnern von Miratoc abgelehnt. „Wir wollen nicht, daß das Militär, das im Kosovo war, nun hierher kommt“, lautet die einhellige Meinung. Das Mißtrauen ist ebenso groß wie die Angst vor Schikanen durch Soldaten und Sonderpolizei, denn das Vertrauen in die demokratische Regierung Serbiens und die internationalen Beob-achter ist gering. „97 Prozent der Bewohner in diesem Gebiet sind Albaner, doch in der Stadt Presevo haben wir nur fünf albanische Polizisten“, klagen die Bürger von Miratoc. Sie alle fordern eine gemischte, lokale Polizeitruppe und den Abzug der Armee. „Es ist nicht leicht, zur Waffe zu greifen, doch wenn man keine andere Wahl hat, so kämpft man“, rechtfertigt ein dreißigjähriger Gastarbeiter, die Anschläge albanischer Freischärler. Von Serbien fühlen sich die Albaner bereits seit 10 Jahren im Stich gelassen und schikaniert. Die Grundschule des Dorfes, die knapp 700 albanische Kinder besuchen, haben die Bewohner selbst fertig gebaut. Mehr als 2 Millionen Schilling haben Gastarbeiter dafür in den Fonds des Orts gespendet. Die Lehrer werden zwar von Serbien bezahlt; doch mit den 700 Schilling Monatgehalt kann der Direktor der Schule natürlich nicht auskommen. Der Schulwart bekommt gar nur 200 Schilling pro Monat. „So lebt niemand in der ganzen Welt, vielleicht noch in Afrika“, sagt einer der Lehrer. Was die Zukunft betrifft, ist auch er pessimistisch: Vielleicht hat der Friede jetzt eine Chance, doch die Streitkräfte müssen abziehen und die wirtschaftliche Lage muß besser werden“, sagt der Lehrer.

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