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Serbien vor dem Besuch von Medwedjew

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Berichte Serbien
Der russische Präsident Dimitri Medwedjew kommt morgen nach Serbien. Offizieller Anlass des Besuchs ist der 65. Jahrestag der Befreiung Belgrads im Zweiten Weltkrieg durch die kommunistischen Tito-Partisanen und durch die Rote Armee. Serbien und Russland wollen mit diesem Datum auf die engen historischen Beziehungen verweisen. Konkret geht es bei Medwedjews Besuch jedoch um handfeste Interessen. Serbien erwartet sich weitere diplomatische Hilfe im Kampf gegen die Unabhängigkeit des Kosovo, die Russland nicht anerkennt. Im Gegenzug will Russland wirtschaftlich stärker in Serbien Fuß fassen und via Serbien auch seinen Einfluss am Balkan stärken, den es in den 90iger Jahren verloren hat.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Serbien

Inser1: Sergej Aleksandrowitsch Leppik, Russische Schule Belgrad

Insert2: Zarko Korac, Abgeordneter der Liberalen Partei

Gesamtlänge: 2’32

„Russland“ heißt dieser Friseursalon im Zentrum Belgrads. Devotionalien symbolisieren die neue Liebe zum großen russischen Bruder. Ob diese Liebeserklärung mehr Kunden anlockt ist offen. Sicher ist, dass Russisch wieder attraktiver wird. Knapp 200 Kinder zählt die Schule, die Moskau in Belgrad finanziert; ein Drittel der Schüler sind Serben. Binnen Jahresfrist stieg die Zahl der Einschreibungen um 15 Prozent. Auch kulturell ist Russland bestrebt, die Bande fester zu knüpfen:

„Im Geiste steht Serbien Russland sehr nahe, weil die Orthodoxie der Bewahrer dieser Tradition ist, von der Liturgie bis hin zur familiären Tradition. In Serbien ist das sogar noch ausgeprägter als in Russland, weil bei uns eine lange Periode der Gottlosigkeit herrschte. Zum Glück ist diese Zeit vorbei.“

Vorbei soll auch die Zeit sein, als Serbien die Rolle Russlands im Zweiten Weltkrieg vernachlässigte. So wurde das Denkmal für die sowjetischen Soldaten, die bei der Befreiung Belgrads fielen, für den Besuch von Präsident Dimitri Medwedjew erneuert. Morgen wird Medwedjew hier einen Kranz niederlegen. Doch der populärste Politiker in Serbien ist Vladimir Putin, der russische Regierungschef. Als Präsident sagte er Nein zur Unabhängigkeit des Kosovo. Serbien honorierte dies 2008 mit dem Verkauf des Erdölkonzerns NIS an den Konzern Gazprom; anschließend war Medwedjew zum ersten Mal in Belgrad. Morgen soll er Serbien einen Kredit über eine Milliarde Dollar gewähren. Die Anbindung an Russland ist aber nicht unumstritten. Vor allem kleinere prowestliche Parteien sind dagegen:

„Wir bauen ein wirtschaftliches und politisches System auf, das nicht mit dem russischen, sondern mit dem westeuropäischen System kompatibel ist. So hat die derzeitige Anlehnung an Russland zwar einige historische Wurzeln; doch sie ist leider Ausdruck einer nicht realistischen Außenpolitik Serbiens.“

Denn Serbien erschwert durch seine Blockade-Politik die Stabilisierung des Kosovo und damit auch seinen eigenen Weg Richtung EU. Außerdem kann Serbiens Modernisierung nur aus dem Westen kommen, weil Russland nur als Energielieferant wichtig ist. Das wissen offenbar viele Serben; trotz einer gewissen Wiedergeburt des Russischen ist in den Schulen Englisch unangefochten die wichtigste Fremdsprache.

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