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Serbien wählt zwischen EU und Kosovo

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Berichte Serbien
Kosovo oder EU das ist die grundlegende Frage in Serbien vor der Präsidentenwahl am kommenden Sonntag. Der amtierende Präsident Boris Tadic will Serbien auch dann auf EU-Kurs halten, sollte die albanisch dominierte Provinz Kosovo unabhängig werden. Sein Herausforderer, der Ultranationalist Tomislav Nikolic, lehnt für diesen Fall jede weitere EU-Integration ab. Vorausgesagt wird ein Kopf an Kopf Rennen zwischen Tadic und Nikolic, das voraussichtlich erst im zweiten Durchgang in zwei Wochen entschieden wird. Zum ersten Wahlgang treten neun Kandidaten an; wahlberechtigt sind 6,7 Millionen Bürger Serbiens. Geworben haben Tadic und Nikolic nicht nur um deren Gunst, sondern auch um die Gunst des russischen Präsidenten Putin. Seit Putin strikt gegen die Unabhängigkeit des Kosovo auftritt wird Russland in Serbien immer populärer während der Stern des Westens sinkt.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Belgrad

Insert1: 0’38 Slobodan Antonic, Konservativer Intellektueller

Insert2: 1’15 Boris Tadic, Serbischer Präsident

Insert3: 1’57 Tomislav Nikolic, serbischer Ultranationalist

Gesamtlänge: 2’29

Vollbesetzt war das Auditorium als der russische Filmregisseur Nikita Mihalkov jüngst an der Belgrader Universität über die Beziehungen zwischen Russland und Serbien sprach. Während der Stern des Westens sinkt erwacht der Mythos der Freundschaft zwischen beiden slawischen Völkern zum neuen Leben, durchaus mit konkreten Folgen. Russland will den serbischen Ölkonzern NiS und seine Raffinerien übernehmen, doch noch gibt es Widerstand prowestlicher Kräfte in der Regierung in Belgrad. Trotzdem steht außenpolitisch die Westintegration auf der Kippe:

„Der Begriff euroatlantische Integration prägte seit dem Jahre 2000 die außenpolitische Orientierung Serbiens. 2007 wurde aus dem Begriff euroatlantisch der Teil atlantisch gestrichen, wegen der Abneigung der NATO gegenüber. Mit der neuen Rolle der EU als Geburtshelfer des kosovarischen Staates wird auch die Integration in die Europäische Union in Frage gestellt.“

Für die EU ist Staatspräsident Boris Tadic. Im Wahlkampf versprach er jedoch auch alles zu tun, um die Unabhängigkeit des Kosovo zu verhindern:

„Unsere zentralen Ziele sind: nach Europa mit dem Kosovo. Wir werden niemals, niemals, niemals unser europäisches Ziel und unseren Kosovo, unsere europäische Zukunft und unsere Identität aufgeben.“

Dass Tadic beiden Ziele erreichen kann, ist unwahrscheinlich; die Unabhängigkeit des Kosovo dürfte bis zum Sommer kommen, doch der Masse der Serben ist diese Tatsache nicht bewusst. Bewusst ist sie aber Tomislav Nikolic. Im Wahlkampf präsentierte sich der Ultranationalist als Vertreter der Armen und Arbeitslosen. Russland will er eine Militärbasis in Serbien anbieten, während er die EU wegen ihrer Kosovo-Politik ablehnt:

„Verlangen sie doch von irgendeinem anderen Staat auf der Welt, dass er einen Teil seines Territoriums hergibt, damit wir sehen, welcher Staat das akzeptiert oder in der Geschichte akzeptiert hat? Hier bin ich vollkommen klar.“

Nikolic und Tadic kämpfen vor allem um die nationalkonservative Wähler, die Ministerpräsident Vojislav Kostunica vertritt. Diese politische Mitte schwankt zwischen dem Kosovo und der EU. Ihr Stimmverhalten wIrd über Sieg und Niederlage entscheiden. Ideologisch steht Kostunica Nikolic näher, auf seine Unterstützung kann Tadic daher kaum zählen. Trotzdem könnte er in der Stichwahl knapp gewinnen, wenn er die EU-Befürworter motivieren kann und die Wahlbeteiligung hoch ist.

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