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Wer ist Vojislav Seselj?

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ZiB 24
Berichte Serbien
Wegen Hetzreden, die zum Mord und zur Vertreibung von Tausenden Kroaten und Bosnjaken geführt haben, muss sich seit heute Vojislav Seselj vor dem Haager Tribunal verantworten. Seselj ist Vorsitzender der serbischen Ultranationalisten, die im Parlament in Belgrad stärkste Partei sind. Ihr einsitzender Führer war für seinen Verbalradikalismus gefürchtet. So verlangte er im Falle der belagerten Stadt Vukovar im Jahre 1991: „"Kein Ustascha darf hier lebend herauskommen." Beim Massaker von Vukovar wurden etwa 250 kroatische Männer gezielt getötet. Die Ankläger des Haager Tribunals werfen Seselj daher vor, er habe gemeinsam mit Slobodan Milosevic Großserbien durch Mord und Vertreibung erreichen wollen. Seselj bestreitet alle Vorwürfe. Der 53-jährige Jurist hat sich im Februar 2003 freiwillig gestellt und das Tribunal seit damals oft vorgeführt. Auch daher ist der heutige Prozessbeginn bereits der zweite Anlauf. Die Hauptverhandlung hätte schon im November des Vorjahres beginnen sollen. Doch Seselj verweigerte zunächst das Erscheinen vor Gericht und trat sogar mehrere Wochen in den Hungerstreik, um das Recht zu erhalten, sich selbst zu verteidigen. Anfang Dezember wurde der Prozess unterbrochen. Kurz danach entschied das Tribunal, das Verfahren neu aufzurollen.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Belgrad

Insert1: Vojislav Seselj, Serbischer Ultranationalist

Insert2: Sonja Licht, serbische Intellektuelle in Belgrad

Gesamtlänge: 1‘59

Nationalitäten-Hass zeitigte in Jugoslawien katastrophale Folgen und zwar auf allen Seiten. Auch in Serbien schürten ihn Politiker, zu denen Vojislav Seselj gehörte. Zu Großserbien bekannte sich Seselj stets offen, so im Juli 1991in einem ORF-Interview. Seine Radikale Partei stellte Freiwillige für den Kampf, doch Bilder von Seseljs Frontbesuchen gibt es kaum. Seine Sache war die Provokation; so versuchte der Großserbe im April 1995 die Grenze zu Bosnien ohne Pass zu überschreiten. Immer wieder kam er mit der Polizei in Konflikt. Das brachte ihm selbst im Serbien des Slobodan Milosevic Gefängnisstrafen ein. Nach dessen Sturz erlitten Seseljs Radikale bei der Parlamentswahl im Dezember 2000 eine massive Niederlage. Doch der Streit der Reformer führte zum Wiederaufstieg, trotz vieler Zwischenfälle, die Seselj im Parlament provozierte.

Nach der Anklage durch das Haager Tribunal stellte sich Seselj freiwillig. Vor seinem Abgang Ende Februar 2003 präsentierte er sich siegessicher:

„Gegen mich kann man keinen Beweis finden, dass ich mich jemals oder gegenüber irgend jemandem zu Kriegsverbrechen bekannt habe, dass ich daran teilgenommen, dass ich dazu aufgerufen oder sie gedeckt habe.“

In Den Haag sagte Seselj als Zeuge für Slobodan Milosevic aus; doch sein eigener Prozess begann erst heute, nach mehr als viereinhalb Jahren:

„Auch viele Personen, die keine Anhänger der Radikalen sind, vertreten die Meinung, dass in Den Haag einige Menschenrechte von Vojislav Seselj verletzt werden.“

Kritisiert wird in Serbien auch, dass Seselj nicht in Freiheit auf seinen Prozess warten durfte, während prominente albanische Angeklagte dieses Recht erhielten.

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