Interview mit dem serbischen Präsidenten Boris Tadic
Fernsehen
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Berichte Serbien
Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Belgrad
Inserts: Boris Tadic, Präsident Serbiens
Gesamtlänge: 3’27
Serbien ist das einzige Land gegen das die NATO jemals Krieg geführt hat und zwar vor acht Jahren um den Kosovo. Die Serben verloren den Krieg und die Kontrolle über die Provinz. Seitdem verwaltet die UNO den Kosovo und die Friedenstruppe KFOR wacht über einen brüchigen Frieden. Denn vor drei Jahren kam es zu massiven Ausschreitungen albanischer Extremisten; siebildeten den Anstoß zu Verhandlungen über den internationalen Status des Kosovo, die bisher kein Ergebnis brachten:
„Ich sage Ihnen, was nach unseren Vorstellungen nicht verhandelbar ist: das ist die Änderung der Grenzen und die Souveränität Serbiens über den Kosovo. Über alles andere kann verhandelt werden.“
Doch wie sollen die Albaner zum Einlenken gebracht werden, die nur die Unabhängigkeit akzeptieren wollen?
„Wir müssen unseren amerikanischen Gesprächspartnern immer wieder die gefährlichen Folgen einer einseitigen Unabhängigkeit vor Augen halten. Außerdem müssen wir unsere europäischen Partner und Freunde von all dem überzeugen; denn natürlich ist es wichtig, unsere Argumente gegenüber den USA zu stärken, doch das können die EU-Mitglieder viel wirkungsvoller tun als Serbien heute. Grund dafür sind die wechselseitigen Interessen zwischen den USA einigen EU-Mitgliedern.“
Tadic warnt vor der weltweiten Beispielswirkung, die eine Unabhängigkeit haben könnte:
„Die Änderung der Grenzen ist eine außerordentlich gefährliche Lösung. Wenn man damit beginnt, dann lässt sich dieser Prozess am Westbalkan von niemandem mehr stoppen; doch ich spreche nicht nur vom Westbalkan, sondern auch von der Region des Schwarzen Meeres. Auch in dieser Region gibt es viele Kosovo, wie etwa in Moldawien, in Aserbaidschan, in Georgien und sogar noch in anderen Ländern, die mit ähnlichen Problemen konfrontiert sind. Ich hoffe, dass sind genügend Argumente gegen die Unabhängigkeit des Kosovo.“
Gleichzeitig plädiert Tadic für eine viel raschere Annäherung des gesamten Westbalkan an die EU:
„Der Westbalkan ist mit ungelösten Konflikten konfrontiert. Einer davon sind die Verhandlungen über den Kosovo; doch auch in den anderen Ländern gibt es viele offene Fragen. Dazu zählt Bosnien-Herzegowina mit seinen Reformen; doch auch Mazedonien, Montenegro und Kroatien, haben alle Probleme, deren Lösung eine Voraussetzung für die EU-Mitgliedschaft ist. Ich bin überzeugt, dass nur durch einen beschleunigten Integrationsprozess der Westbalkan sich schließlich in der EU befinden wird. Dadurch wäre diese politische Richtung unumkehrbar.“
Das größte politische Hindernis für Serbien heißt Ratko Mladic; der mutmaßliche Kriegsverbrecher ist noch immer auf der Flucht vor dem Haager Tribunal:
„Ratko Mladic in Den Haag ist eine Voraussetzung für unseren Beitritt zur EU. Daher haben wir höchstes Interesse daran, die Frage endlich ad acta zu legen. Hinzu kommt, dass die Verhandlungsposition Serbiens in der Frage des Kosovo bei weitem bessere wäre, könnte es das Problem der Auslieferung von Ratko Mladic morgen lösen. Denn unsere internationale Glaubwürdigkeit würde dramatisch steigen, und wir hätten bei weitem besser Möglichkeiten, unsere nationalen Interessen im Kosovo zu verteidigen.“