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Interview mit Ruzica Djindjic in Belgrad

Fernsehen
ZiB2/ZiB3
Berichte Serbien
Zur Parlamentswahl in Serbien am kommenden Sonntag tritt eine Frau an, deren Familienname auch international noch immer einen tragischen Klag hat. Es ist dies Ruzica Djindjic, die Witwe des im März 2003 ermordeten Ministerpräsidenten Zoran Djindjic. Die 46-jährige Ruzica ist erste auf der Liste der Demokratischen Partei, die ihr Mann bis zu seinem Tod geführt hat. Wie einst Zoran Djindjic gilt heute auch seine Witwe als Symbol für das demokratische und pro-europäische Serbien, das endgültig die Ära von Slobodan Milosevic hinter sich lassen will. Doch auf diesem Weg gibt es viele Widerstände zu überwinden. Daher dürften die Demokraten am Sonntag auch nur zweitstärkste Kraft in Serbien werden. Möglich ist eine Koalition mit anderen reformorientierten Parteien.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Belgrad

Insert: Ruzica Djindjic Reformpolitikern in Serbien

Gesamtlänge: 2’22

„Weil das Leben nicht warten kann“, diese Worte ihres ermordeten Vorsitzenden Zoran Djindjic sind das Motto seiner Demokratischen Partei für die Parlamentswahl in Serbien. Seine Witwe Ruzica nimmt regelmäßig an Großkundgebungen teil; künftig wird sie als Abgeordnete für die Partei im Parlament sitzen; doch eine Karriere als Spitzenpolitikerin strebt sie nicht an:

„Die Männer haben es in der Politik viel leichter, weil es immer die Frau ist, die sich um die Familie, die Kinder und im äußersten Fall sogar um den beruflichen Einsatz ihres Mannes sorgt. Wenn einem jedoch die Unterstützung des Partners fehlt, so ist das ein wenig schwierig. Daher bin ich nicht übermäßig aktiv, weil ich mich vor allem um meine Kinder kümmern, und den Geist in der Familie bewahren will, der geherrscht hat, bevor Zoran ermordet worden ist.“

Zoran Djindjic wollte Serbien so rasch wie möglich an die EU heranführen. Das lehnen die Ultranationalisten ab, die nach der Wahl stärkste Kraft im Parlament bleiben dürften. Doch auch unter Ministerpräsident Vojislav Kostunica kam die EU-Annäherung zum Stillstand, weil die Regierung nicht genügend mit dem Haager Tribunal zusammenarbeitet:

Als Zoran ermordet wurde, hat sich der Reformprozess in gewisser Weise verlangsamt. Leider steht das Land daher noch immer vor der Frage, ob es in Richtung europäische Integration gehen will oder in einer gewissen Isolation verharren soll.“

Für eine bessere Zukunft Serbiens sei es daher das wichtigste, dass …

„… dass die pro-europäisch orientierten Kräfte die Wahl gewinnen. Denn die Europäische Union ist unsere Zukunft und zweifellos ein Garant dafür, dass sich unsere europäische Vergangenheit nicht wiederholt. Diese Vergangenheit bedeutete in unserer Region Kriege und Fremdenfeindlichkeit. Und keiner von uns wünscht sich die Vergangenheit zurück, sondern eine andere Zukunft.“

Die bitterste Stunde dieser Familie waren wohl Ermordung und Begräbnis von Zoran Djinjdic im März 2003. Eine ganze Nation stand unter Schock und trauerte mit. Der Prozess gegen die mutmaßlichen Attentäter dauert in Belgrad bereits mehr als drei Jahre. Seine Witwe pflegt nicht nur das geistige Vermächtnis ihres Mannes, sondern leitet auch eine Stiftung, die jungen Serben Praktika in Deutschland vermittelt. Auch Österreich überlegt, diese Stiftung zu unterstützen.

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