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Mladic und das alte System in Serbien

Fernsehen
ZiB3
Berichte Serbien
Die Beziehungen zwischen der EU und Serbien geraten immer mehr in eine Sackgasse. So liegen seit Mai Verhandlungen über ein über Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen auf Eis, weil Belgrad den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Ratko Mladic nicht an das Haager Tribunal ausliefert. Zwar hat Belgrad vor einigen Monaten einen Aktionsplan beschlossen, der zur Verhaftung von Mladic führen soll, doch greifbare Ergebnisse hat der Plan aus der Sicht des Tribunals bisher nicht gebracht. Auf der Basis eines Berichts von Chefanklägerin Karla del Ponte bezeichnete EU-Kommissar Oli Rehn den Plan als Charme-Offensive. Die serbischen Behörden könnten offenbar nicht ein Mal das Wort Verhaftung buchstabieren, kritisierte Rehn. Doch nicht nur den Fall Mladic konnte oder wollte Serbien bisher nicht lösen. So sind auch andere Verbrechen aus der Ära von Slobodan Milosevic nicht aufklären, in die der Geheimdienst verwickelt war.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Serbien

Insert1: Goran Petrovic, Ex-Chef der Geheimpolizei

Gesamtlänge: 2’57

Der Fall Ivan Stambolic ist der einzige politische Mord aus der Ära Milosevic, der gerichtlich abgeschlossen ist. Im August 2000 beim Joggen in Belgrad entführt, wurde Stambolic in einem Wald erschossen. Erst 2003 wurde der Fall geklärt. Der Haupttäter, Milorad Ulemek Legija, erhielt 40 Jahre Haft. Er war Kommandant der Sondereinheit der Geheimpolizei und Chef eines Mafia-Klans. Sein Auftraggeber, Rade Markovic, Milosevics letzter Chef der Geheimpolizei, bekam 15 Jahre. Eine Belgrader Zeitung behauptet, dass in der Geheimpolizei viele Milosevic-Kader überdauert hätten. So werde jene Abteilung, die für die Fahndung nach Ratko Mladic zuständig sei, von einem Mann geleitet, der Stambolic überwacht habe. Und die Abteilung für internationale Zusammenarbeit leite ein Mann, der den Journalisten Slavko Curuvija observiert habe, der 1999 ermordet wurde:

„Einer der Männer, die Slavko Curuvija überwachten, und unmittelbar vor dem Attentat abgezogen wurden, arbeitete erst seit einem Monat bei der Geheimpolizei. Er erfuhr erst aus dem Fernsehen von dem Mord. Es ist daher unseriös zu behaupten, dass dieser Mann Teil eines verbrecherischen Komplotts war, weil er Curuvija überwacht hat. Die grundlegende Manipulation ging von der Führung aus.“

Diese Führung habe er, als erster Chef der Geheimpolizei nach Milosevic beseitigt. Außerdem sei die Geheimpolizei drastisch verkleinert und die Sondereinheit ausgegliedert worden. Doch aufgelöst wurde sie erst nach dem Mord an Zoran Djindjic, für den Legija ebenfalls vor Gericht steht. Trotzdem wiegen die Altlasten der Vergangenheit schwer und erschweren auch die Fahndung nach Ratko Mladic. Eine effiziente demokratische Kontrolle der Geheimpolizei fehlt, und seit dem Amtsantritt der Regierung Kostunica vor drei Jahren sollen 700 führende Polizisten ausgewechselt worden sein. Viele alte Kader kehrten zurück. Auch in der Justiz wurden zu aufklärungswillige Richter und Staatsanwälte kalt gestellt, ist doch die Minderheitsregierung auf die Milosevic-Sozialisten angewiesen, die Mladics Verhaftung ablehnen. Diese Haltung soll Kostunica selbst nicht fremd gewesen sein:

„Dieselben Personen, die Mladic versteckt und nichts zu seiner Verhaftung getan haben, müssen ihn jetzt verhaften oder zur Aufgabe überreden. Hinzu kommt, dass Kostunica gegenüber der Internationalen Gemeinschaft außer Ratko Mladic keinen anderen Trumpf mehr in Händen hält. Dessen ist er sich bewusst, und daher kalkuliert er ständig, wann er diesen Trumpf ausspielen soll.“

Dieser Zeitpunkt ist offensichtlich noch nicht gekommen, obwohl Serbien offiziell natürlich beteuert alles zu tun, um den Fall Mladic rasch zu lösen.

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