Jahre der Entscheidung für Serbien: IGH, Mladic, Montenegro und Kosovo
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Berichte Serbien
Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Belgrad
Aufsager: 2’04 Christian Wehrschütz aus Belgrad
Gesamtlänge: 2’25
Die Klage vor dem IGH, dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag, hat Bosnien vor 13 Jahren noch während des Krieges eingebracht. Doch Serbien konnte den Prozess jahrelang verzögern; er begann erst heute, wobei zunächst Bosnien zu Wort kam, das Gerechtigkeit für die Opfer forderte. Serbien bestreitet nicht nur die Zuständigkeit des IGH, sondern auch den Vorwurf, das Milosevic-Regime habe einen Völkermord in Bosnien geplant. Eine wichtige Rolle bei der Urteilsfindung des IGH werden wohl Urteile des Haager Tribunals für das ehemalige Jugoslawien spielen. Das Tribunal hat das Massaker in Srebrenica an 7.800 Bosnjaken bereits als Völkermord gewertet und Serbiens Teilnahme am Krieg festgestellt. Zehn Jahre später noch immer auf der Flucht ist General Ratko Mladic, der mutmaßliche Hauptschuldige für Srebrenica. Nach dem Krieg lebte er jahrlang in Belgrad. Sollte ihn die Regierung nicht bis 5. April ausliefern, droht Brüssel mit Sanktionen. Gespräche über eine EU-Annäherung sollen dann ausgesetzt werden. Betroffen davon wäre auch Montenegro, das kleinere Mitglied des Staatenbundes mit Serbien. Für Montenegros Ministerpräsident Milo Djukanovic wären Sanktionen wegen Serbien ein weiteres Argument für die Unabhängigkeit. In Podgorica enthüllte er jüngst ein Denkmal für König Nikola. Er war der letzte Herrscher des unabhängigen Montenegro. Auch eigene Marken wurden bereits gedruckt, um Stimmung für das Unabhängigkeitsreferendum zu machen, das im Frühling stattfinden wird. Noch stärker wird Serbien der wahrscheinliche Verlust des Kosovo treffen. Verhandlungen über den endgültigen Status haben begonnen, und die albanische Mehrheit fordert kompromisslos die Unabhängigkeit. Auch sie ist eine Folge der Politik von Slobodan Milosevic, dessen Prozess in Den Haag nun dem Ende zugeht. Doch über die langfristigen Folgen seiner Politik hat in Belgrad niemand die eigene Bevölkerung aufgeklärt, die auch im sechsten Jahr der Reformen vor allem mit dem alltäglichen Überleben und mangelnder Perspektive zu kämpfen hat.