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Serbien zwischen Mafia und Marktwirtschaft

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Berichte Serbien
Im Serbien von Slobodan Milosevic standen Staat, Mafia und Oligarchen in einer symbiotischen Beziehung. Milosevic gelang es dadurch, die Sanktionen zu umgehen und lange Zeit politisch zu überleben, Mafia und Oligarchen wurden enorm reich. Zu diesen zählt Bogoljub Karic, der durch den Fall Mobtel und seinen Machtkampf mit der serbischen Regierung auch in Österreich

bekannt wurde. Karic ist kein Einzelfall, trotzdem aber eine Ausnahme weil ihn seine politischen Ambitionen als einigen Oligarchen einen großen Teil seines Reichtums kosten könnten. Im Gegensatz zu Karic sind viele andere serbische Kriegs- und Sanktionsgewinnler erfolgreich dabei, ihr Vermögen im Zuge der Privatisierung zu legalisieren. Auf der Strecke bleiben dabei teilweise auch ausländische Mitbieter, die auch mit anderen Problemen zu kämpfen haben. Trotzdem ist es Serbien gelungen, im Vorjahr das Reformtempo beträchtlich zu steigern, doch das Tempo reicht noch nicht aus. Wirtschaftsexperten schätzen, dass das Land auf dem Weg in die EU pro Jahr zwei Milliarden Euro an ausländischen Direktinvestitionen brauchen wird; im Vorjahr waren es inklusive Privatisierungen nur 1,4 Milliarden. Insgesamt eine Milliarde Euro haben bereits österreichische Firmen in Serbien investiert. Doch der Weg Richtung EU wird noch lang und steinig sein, denn derzeit steht Serbien noch zwischen Mafia und Marktwirtschaft.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Serbien

Insert1: Srdjan Bogosavljevic, Markforscher

Insert2: Dejan Stankovic Direktor der Firma „Monus“

Insert3: Carolyn Jungr: Weltbank in Serbien

Insert4: Michael Islinger, Ball Packaging Europa

Insert5: Oliver Rögel Raiffeisen Serbien

Insert6: Juri Baec, Wirtschaftsexperte

Gesamtlänge:

In Serbien hat Belgrad von der Wende vor mehr als fünf Jahren am meisten profitiert. Das Zentrum soll Aushängeschild sein, und daher wird in die Infrastruktur viel Geld investiert.

Auch die meisten Anbieter von Markenartikel für eine kleine aber betuchte Oberschicht sind mittlerweile vertreten. In der Regel sind die meisten dieser Geschäfte leer; reiche Serben bevorzugen den Kauf zu Hause, um dabei nicht in der Öffentlichkeit gesehen zu werden.

Durch den Schmuggel etwa von Zigaretten oder Benzin konnte man in der Ära von Slobodan Milosevic gerade wegen Sanktionen und Isolation enorm reich werden:

„Zehn Jahre lang wurde nur ein Drittel aller in Serbien gerauchten Zigaretten legal verkauft, zwei Drittel wurden illegal verkauft. Es gab auch eine Zeit, in der 100 Prozent des Benzins schwarz verkauft wurden.“

Dieses Kapital wird nun etwa durch Privatisierungen legalisiert. Das Hotel Jugoslavija ersteigerte Mitte Jänner eine Investorengruppe mit dem Namen Alpe-Adria Hoteli. Mehr als 31 Millionen Euro wurden bezahlt. Doch die Firmenadresse der Alpe-Adria-Hoteli in Belgrad weckt massive Zweifel an der Seriosität der Investoren.

Auch diese Zigarettenfabrik in der Vojvodina wurde mit Kapital fragwürdiger Herkunft gebaut. 60 Millionen Euro kostete die Anlage, die Hälfte davon sind Eigenmittel. Zur erstaunlichen Finanzkraft heißt es

„Wir haben uns bemüht, denn bereits 15 Jahre sind wir in der Privatwirtschaft. Von Beginn an haben wir das Kapital gespart, nicht verbraucht wie andere, die ihre erste Million Mark verdient haben. Wir haben eben keine Autos oder Wohnungen gekauft, sondern das Geld weiter investiert.“

Diese Investition hat immerhin 120 Arbeitsplätze geschaffen. Produziert wird die Eigenmarke Fast. Die Hälfte des Tabaks stammt aus lokaler Produktion, und bietet 1500 Bauern Arbeit und Brot. Ausgelastet wird die Fabrik nur sein, wenn Konzerne in Lizenz produzieren lassen. Bisher bleiben sie aus, soll doch der eigentliche Eigentümer ein ehemaliger hochrangiger Mafiosi sein. Moralische Bedenken sind jedoch nicht die größten Probleme für Investoren in Serbien:

„Zu verbessern ist die Vergabe von Lizenzen und Genehmigungen, was Kosten und Zeit betrifft, um ein Geschäft durchzuführen; das gilt für alle Anschlüsse vom Strom bis zum Wasser und von der Baugenehmigung bis zur Arbeitserlaubnis. Das zweite Gebiet betrifft den Außenhandel, vom Zollverfahren bis zum Aufwand für Einfuhr- und Ausfuhrgenehmigungen. Drittens geht es um die Durchsetzung von Verträgen. Daher muss die Effizienz der Gerichte deutlich verbessert werden.“

Zu verbessern ist auch die Infrastruktur. Die Autobahn Belgrad – Novi Sad ist noch nicht ausgebaut, Grunderwerb ist kaum möglich, und ein modernes Grundbuchwesen steckt noch in den Kinderschuhen. Ausländische Großinvestitionen auf die grüne Wiese wie im Falle des Getränkedosenherstellers Ball Packaging sind daher Mangelware.

60 Millionen Euro kostete das Werk, das 600 Millionen Dosen pro Jahr produziert. Drei Viertel werden exportiert, ist doch die Anlage der Standort für Südosteuropa:

„Belgrad liegt im Herzen des Balkan, wenn man so sagen darf; und dann die ausgebildete Arbeiterschaft, die wir hier haben. Wir haben als Arbeitskräftepotential in Belgrad deutlich von Vorteil als wenn wir nicht einen derartigen Großraum gewählt hätten. Ich möchte jetzt nicht ein anderes Land nennen, aber das war einer der ausschlaggebenden Gründe und Investitionen, die von der serbischen Regierung natürlich gefördert werden.“

Denn die Gewinnsteuer ist niedrig, die Mehrwertssteuer ebenfalls; Firmengründungen sind billig und das Reformtempo hat sich in Serbien 2005 deutlich beschleunigt. Das gilt auch für die Modernisierung des Bankwesens; trotzdem ist der Rückstand noch groß:

„Ende der 80iger Jahre, war man hier vielleicht fünf bis sieben Jahre hinten; dieser Zeitraum hat sich natürlich im Laufe der 90iger Jahre stark vergrößert. Mittlerweile würde ich sagen, wir sind dort, wo wir in Österreich vielleicht vor 15 Jahren waren.“

Raiffeisen ist Marktführer in Serbien. 100 Millionen Euro hat Raiffeisen investiert, das entspricht einem Zehntel aller österreichischen Investitionen. Die Raiffeisen-Gruppe ist auch Berater der Regierung bei der Privatisierung des Ölkonzerns NIS, der wie andere große Staatsbetriebe heuer verkauft werden soll.

Zu bereinigen gilt es auch den Fall Mobtel; dem Mobilfunkbetreiber entzog die Regierung Ende Dezember die Lizenz. Grund dafür ist der Machtkampf mit dem Mobtel-Mitbegründer Bogoljub Karic, der die Regierung stürzen will. Karic verkaufte im Mai an österreichische Investoren um Martin Schlaff seine Anteile, hat aber erst ein Fünftel des Kaufpreises von 500 Millionen Euro erhalten. Weitere Geldflüsse wollte Belgrad unterbinden, traf damit aber auch die mobilkom-Austria, die von Schlaff die Lizenz erwerben will, um in Serbien einzusteigen. Daher intervenierte Österreich in Belgrad und eine gemischte Arbeitsgruppe soll nun eine Lösung finden:

„Das wichtigste ist, dass wegen dieses Falles nicht der Eindruck entsteht, dass ausländische Investoren schutzlos sind, und dass ihre Interessen durch einen Beschluss des Staates einfach ausgelöscht werden. Ich bin daher sicher, dass die serbische sowie die österreichische Regierung und die Investoren einen Kompromiss finden werden.“

Opfer des Kompromisses könnte Bogoljub Karic sein, der trotzdem nicht am Hungertuch nagen wird. Schließlich besitzt sein Klan in Belgrad attraktive Immobilien. Dazu zählt die Residenz des österreichischen Botschafters in Serbien. Die Monatsmiete, die die Republik dem Klan des bekanntesten Tycoons der Ära Milosevic bezahlt, dürfte wohl einige Tausend Euro betragen; doch eine Bestätigung dafür gibt es nicht.

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