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Wahlkampf in Serbien

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Berichte Serbien
In der jugoslawischen Teilrepublik Serbien finden am 23. Dezember vorgezogene Parlamentswahlen statt. Um die Gunst der 6,5 Millionen Wähler werben acht Parteien, doch nur drei haben nach Meinungsumfragen eine Chance, die bestehende Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. Klarer Spitzenreiter ist die Allianz DOS, der etwa 60 Prozent der Stimmen vorhergesagt werden. Weit abgeschlagen dahinter liegen die Sozialisten von Slobodan Milosevic sowie die ultranationalistische Serbische Radikale Partei. Ausgelöst wurde die vorgezogene Parlaments-wahl in Serbien durch den Machtwechsel in Jugoslawien. Mit dem Sieg der Allianz DOS unter Vojislav Kostunica über Slobodan Milosevic verloren dessen Sozialisten auch in Serbien die politische Kontrolle. DOS will den Machtwechsel nun auch in Serbien vollziehen, wobei der politische Stratege der Allianz, Zoran Djindjic, serbischer Regierungschef werden soll.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Sabac

Insert: 0‘33 Zoran Djindjic, DOS-Spitzenkandiat

Aufsager: 2’35: Christian Wehrschütz

Gesamtlänge: 2‘50

Text:

„Laßt uns beenden, was wir begonnen haben.“ – lautet das Wahlkampfmotto auf diesem Bus der Allianz DOS. Generalstabsmäßig und bis in alle Einzelheiten geplant sind die Einsätze des Spitzenkandidaten Zoran Djindjic und der anderen DOS-Spitzen-Politiker, wie des früheren Generalstabschefs Mocilo Peresic. Etwa 70 Städte werden Djindic, sein Team und ein Journalisten-Troß vorwiegende mit dem Bus im Wahlkampf besuchen. Über sein Verhältnis zu Vojislav Kostunica und über das Grundproblem Serbiens sagt Djindjic:

„Ich bin eher an einer Modernisierung interessiert. Ich sehe das größte Problem in einer verfehlten Modernisierung dieser Region, die durch viele Kriege bedingt ist. Erst die Verlangsamung durch den Ersten und dann durch den Zweiten Weltkrieg, so dass wir eine zivile Gesellschaft und einen Rechtsstaat nicht ausbauen haben können. Und daher glaube ich, dass wir die Zeit verlieren und das ist vielleicht der größte Unterschied zwischen uns. Dass ich den Zeitmangel als größtes Problem sehe, und nicht den Geldmangel.“

Sichtbar wird Djindjics Diagnose beim Besuch der Hunderttausend Einwohner zählenden Industriestadt Sabac, 90 Kilometer westlich von Belgrad. Der Empfang durch Bewohner ist herzlich, denn bei einer offiziellen Arbeitslosigkeit von 30 Prozent bleibt nur die Hoffnung auf die Wende. Ob im gemeindeeigenen Radio, ob beim Interview im lokalen Fernsehsender oder beim Gespräch mit Wirtschaftstreibenden, Djindjics Botschaft bleibt gleich: Bildung des Rechtsstaates, Entpolitisierung der Wirtschaft und Dezentralisierung Serbiens. Djindjic will Serbien binnen vier Jahren aus der Krise führen, wobei eine erste Erholung in zwei Jahren spürbar sein soll. Der Besuch im Chemiekombinat Zorka zeigt, wie schwer dieses Versprechen einzulösen sein wird. Zwar liegt das Werk nur zufällig neben einem Friedhof, doch der Zustand der Anlage wirkt ebenso trostlos. 8000 Mitarbeiter zählte das Werk, das in seinen besten Zeiten unter anderem eine Million Tonnen Kunstdünger produzierte; die Zahl der Belegschaft sank auf etwa 2.500, die des produzierten Kunstdüngers soll auf 10.000 Tonnen jährlich gesunken sein. Auch in Werk Zorka wird Djindjic von der Belegschaft wohlwollend aufgenommen; denn für den Niedergang wird Slobdan Milosevic verantwortlich gemacht und die Menschen wissen, daß die Zeit mehr als reif ist für Veränderungen.

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