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Berichte Serbien
Das politische System in Jugoslawien ist teifrgeifendsten Veränderungen unterworfen. Sichbarstes Beispiel dafür ist die Abwahl von Slobodan Milosevic und der Volksaufstand vor einigen Tagen. Doch die Milosevic-Parteien haben weit mehr verloren als das Amt des jugoslawischen Präsidenten. Sie verloren ihre Bastionen in den Städten und sind auch im Bundespralament geschwächt. Mit dem heutigen Neuwahlbeschluß in Serbien dürften die Sozialisten bei den Wahlen am 17. Dezember auch ihre bisherige Vormachtstellung in dieser jugoslawischen Teilrepublik verlieren. Damit könnte der Weg für eine umfassende demokratische Erneuerung des Landes noch weit rascher beginnen, den die wirkliche Macht liegt in den Teilrepubliken und nicht auf Bundesebene.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz, Belgrad

Insert: 1’55 Goran Matic, amtierender Informationsminister

Aufsager: 3’00

Gesamtlänge: 3‘17

Fertig ist der Sieg, steht auf diesem Transparent, mit dem Belgrader Studenten vor das serbische Parlament zogen. Gefor-dert wurde die Abschaffung des Universitätsgesetzes, mit dem die Autonomie der Hochschulen weitgehend beseitigt wurde. Zuständig für die Universitäten sind in Jugoslawien nicht das Bundesparlament, sondern die Teilrepubliken; sie haben sehr umfangreiche Kompetenzen und kontrollieren unter anderem auch die Polizei und auch das staatliche Fernsehen. Der jugosla-wische Voijislav Kostunica braucht zur Demokratisierung des Landes somit die Unterstützung vor allem Serbiens aber auch Montenegros. Daher sind die Neuwahlen in Serbien so wichtig, weil damit auch eine demokratische Mehrheit im Republiks-palament ablösen wird. Derzeit sind die Milosevic-Parteien dort noch die stärkste Fraktion und stellen mit Mirko Marijanovic den Regierungschef und mit Milan Milutinovic auch den Präsidenten Serbiens.

Die Stärke des jugoslawischen Präsidenten besteht darin, daß er den neuen jugoslawischen Ministerpräsidenten vorschlagen und auch daß Bundesparlament auflösen kann, wenn binnen drei Monaten keine neue Regierung gebildet wird. Außerdem führt Kostunica den Vorsitz im Verteidigunsrat, dem auch die beiden Republikspräsidenten Milutinovic und Milo Djukanovic aus Montenegro angehören. Nunmehr haben mit Kostunica und Djukanovic zwei pro-westliche Politiker die Mehrheit, die bereits in den kommenden Tagen die von Milosevic eingesetzte Führung der Streitkräfte ablösen werden.

Mit den Wahlen am 24. September erlebte vor allem Serbien, den ironischerweise von Slbodan Milosevic vorhergesagten völligen Umsturz des bisherigen politischen Vier-Parteien-Systems. Denn die Ultranationalisten unter Vojislav Seselj und die opposi-tionelle Serbische Erneuerungsbewegung unter Vuk Draskovic erlitten bei den Wahlen zum Bundesparlament und bei den serbischen Gemeinderatswahlen eine vernichtende Niederlage. Er bisherige jugoslawische Informationsminister und Milosevic-Gefolgsmann Goran Matic komenierte diese Entwicklung noch vor dem Volksaufstand so:

„Zwei große Parteien sind verschwunden. In Jugoslawien besteht die Tendenz, daß sich wie in den USA zwei große Lager bilden. Eine linke Gruppierung und das sogenannte demokratische Lage.“

Diese Analyse stimmt nur mehr für das jugoslawische Bundes-parlament. Denn auch die Linke hat in den Städten eine vernichtende Niederlage hinnehmen müssen. So haben die Milosevic-Parteien im Belgrader Gemeinderat vier Mandate, die Ultranationalisten 1es, die Demokratische Opposition jedoch 105 Sitze. Gelingt es Vojislav Kostunica jdoch im Bundesparla-ment, eine Koalition mit den monetenrginischen Sozialisten zu bilden, wären die Miosevic-Parteien auch auf Bundesebene in der Opposition. Ihre letzte Bastion könnte sie in Serbien am 17. Dezember verlieren, denn ein Sieg der Parteienallianz DOS von Vojislav Kostunica steht außer Zweifel. Damit wäre der Weg für eine umfassende Transformation Jugoslawiens frei und nicht nur Milosevic, sondern auch seine Parteien für mindestens vier Jahre von allen Schalthebeln der Macht verbannt.
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