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Djindjic Porträt

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Berichte Serbien
Der 48-jährige Ministerpräsident Zoran Djindjic ist spätestens seit gestern der starke Mann Serbiens. Djindjic vollzog die Auslieferung von Slobodan Milosevic gegen alle juristischen Bedenken in Serbien und gegen den Willen des jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica. Djindjic nahm dabei den Bruch mit Kostunica und die Krise der jugoslawischen Regierung in Kauf; denn Djindjic weiß, daß er das Geld des Westens braucht, um sein Land modernisieren zu können, das nach der Ära von Slobodan Milosevic in katastrophalem Zustand ist:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz Belgrad:

Insert: 1’03: Zoran Djindjic, Ministerpräsident Serbiens

Aufsager: 2’10

Gesamt: 2‘34

Politisch aktiv ist Zoran Djindjic, der promovierte Philosoph, der in Frankfurt studierte, seit weit mehr als 10 Jahren. International im Rampenlicht stand Djindjic erstmals im

Kampf für die Anerkennung der serbischen Lokalwahlen 1996/97. Als Milosevic seine Niederlage nach monatelangen Demonstra-tionen zugab, wurde Djindjic kurzfristig Bürgermeister von Belgrad, verlor diese Position jedoch wieder, weil das Opposi-tionsbündnis zerfiel. Im Wahlkampf um das Amt des jugoslawi-schen Präsidenten schlug Djindjics große Stunde. Während Vojislav Kostunica im Rampenlicht stand, war Djindjic der Stratege, der die Einsätze plante. Daß Milosevic Sturz weit-geehend unblutig erfolgte zählt ebenso zu seinen Verdiensten wie die der rasche Machtwechsel in Serbien. Nach dem großen Wahlsieg der Allianz DOS im Dezmeber wurde Djindjic serbischer Ministerpräsident. Im Wahlkampf sagte er damals zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und zum Haager Tribunal:

„Nach zwei, drei Jahren Wirtschaftsaufbau in Serbien hoffe ich, dass das kommt, dass man auch die Frage nach der Schuld in der Vergangenheit kommt, aus der inneren Motivation. Dass sie aufgeworfen wird vom Ausland, erwarte ich schon im Frühling. Im nächsten Jahr, soll die Frage der Auslieferungen nach Den Haag gestellt werden, das erwarte ich sehr bald. Aber das ist keine echte Vergangenheitsbewältigung, dass uns das Thema aufgezwungen wird, ich weiß nicht, ob das der beste Weg ist, mit diesem Thema zu beginnen in Serbien.“

Trotzdem war Djindjic vorbehaltlos bereit, mit der Chefan-klägern des Haager Tribunals, Karla Del Ponte, in Belgrad zusammenzutreffen, während Vojislav Kostunica dies nur wider-willig tat. Zur Auslieferung von Milosevic bereit zeigte sich Djindjic, weil der Druck des Westens ebenso groß wurde, wie der Finanzbedarf Serbiens. Dafür nahm Djindjic auch in Kauf, daß er zum Erzfeind der Milosevic-Anhänger wurde. Dieser Pragmatismus führte auch zum Bruch mit Kostunica. Denn Djindjic will Serbien so rasch wie möglich modernisieren und nach Europa führen.

Zoran Djindjic weiß, daß sein politisches Schicksal von seinem Erfolg in Serbien abhängt. Daher will er alle Hindernisse be-seitigen, diesem Erfolg entgegen stehen. Dazu zählte auch Slobodan Milosevic; nicht auszuschließen ist, daß Djindjic mit dessen Auslieferung auch weitere zwei Hindernisse entfernen will; die in Agonie liegende, bürokratische jugoslawische Föderation sowie seinen politischen Hauptkonkurrenten Vojislav Kostunica.

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