20240509 J18 Fundamentaler Machtwechsel in Nordmazedonien Wehrsch Mod
Bei der Präsidentenwahl verlor der sozialdemokratische Amtsinhaber Stevo Pendarovski haushoch gegen die Kandidatin der Nationalisten, Gordana Siljanowska-Dawkowa. Sie gewann 65 Prozent der Stimmen, Pendarowksi nur 30. Zu einem Erdrutsch kam es auch bei der Parlamentswahl; die Nationalisten gewannen 58 Sitze und verfehlten die absolute Mehrheit nur knapp, zählt doch das Parlament 120 Abgeordnete. Die Sozialdemokraten müssen mit nur mehr 18 Sitzen in die Opposition, auch die bisher regierende Albaner-Partei DUI wird dieses Schicksal ereilen; sie erreichte 19 Mandate. Die mazedonischen Nationalisten wollen aber mit der Albaner-Partei Vlen koalieren, die auf 13 Sitze kam; informelle Kontakte gibt es bereits, Koalitionsverhandlungen sollen rasch beginnen. Weitere mögliche Koalitionspartner sind zwei mazedonische Kleinparteien. Von den 17 angetretenen Parteien schafften nur sechs Parteien und Wahlbündnisse den Einzug ins Parlament. Bei der Parlamentswahl lag die Beteiligung bei 55, bei der Präsidentenwahl bei 47 Prozent. Der Sieg der Nationalisten dürfte einen Kompromiss mit Bulgarien erschweren, das bisher die EU-Beitrittsgespräche blockiert; Sofia verlangt nicht nur die Anerkennung seiner Volksgruppe als Minderheit, sondern Änderungen in der mazedonischen Geschichtsschreibung. Nordmazedonien hat seit fast 20 Jahren den Status eines EU-Beitrittskandidaten; zunächst blockierte Griechenland, dann Frankreich und nun Bulgarien. Der Sieg der Nationalisten ist somit auch Ausdruck der Frustration der Bevölkerung.