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Nwuer Anlauf im Namensstreit und Richtung NATO

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Berichte Nord-Mazedonien
Seit dem Zerfall des ehemaligen Jugoslawien vor mehr als 25 Jahren belastet der Namensstreit mit Griechenland das Ziel Mazedoniens, der EU und der NATO beizutreten. Vordergründig geht es dabei um den abstrus anmutenden Streit um das antike Erbe, der etwa zwischen Athen und Skopje um die Frage ausgetragen wird, wer Anspruch auf Alexander den Großen erheben kann. Dieser Konflikt führte dazu, dass Mazedonien zwar seit 2006 des Status eines EU-Beitrittskandidaten hat, die Verhandlungen aber nie begonnen wurden. Am griechischen Veto scheiterte auch 2008 die Aufnahme Mazedoniens in die NATO, dessen nationalistische Regierung in den folgenden Jahren Mazedonien immer stärker in einen Staat verwandelten, in dem Korruption und Willkürherrschaft blühten. Doch seit mehr als einem Monat hat Mazedonien nun eine neue Regierung und nun könnte auch wieder Bewegung in den Namensstreit und die NATO-Frage kommen, berichtet aus Skopje unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Die neue mazedonische Regierung ist eine Koalition, die die Sozialdemokraten mit zwei Parteien der albanischen Volksgruppe gebildet haben. Während die Sozialdemokraten nun nach zehn Jahren wieder an die Macht zurückgekehrt sind, war die größte Albaner-Partei DUI auch in den vergangenen zehn Jahren an der Macht beteiligt, hatte aber kaum Einfluss auf die Außenpolitik.

Das Verhältnis von Mazedonien zu Griechenland wurde in den vergangenen Jahren dadurch zusätzlich belastet, dass die Nationalisten unter Regierungschef Nikola Gruewski Alexander dem Großen und seinem Vater Phillip viele Denkmäler und Straßen widmeten. Nun führt die Regierung der Sozialdemokrat Zoran Zajew; er hat innenpolitisch eine schwere Erblast zu bewältigen, braucht aber auch außenpolitische Erfolge. Sein Ziel ist, Bewegung in den Namensstreit mit Griechenland zu bringen, wobei noch nicht bekannt ist, welche konkreten Vorschläge Athen unterbreitet werden sollen. Das Interesse von EU und NATO an einer Lösung dieses Streits war jahrelang sehr gering; das könnte sich nun ändern; denn die Spannungen mit Russland seit Beginn der Ukraine-Krise haben auch den Balkan zu einer Region gemacht, in der Brüssel, Washington und Moskau verstärkt um Einfluss ringen. Im Fall Mazedoniens stand Russland klar auf der Seite der Nationalisten; Dokumente, die einer britischen Tageszeitung zugespielt wurden, sollen belegen, dass Moskau die mazedonischen Geheimdienste infiltrierte und bestrebt war, Skopje von seinem Kurs Richtung EU und NATO abzubringen; Moskau bestreitet die Vorwürfe; den Bericht der britischen Zeitung kommentiert die neue mazedonische Verteidigungsministerin Radmila Sekerinska so:

"Die veröffentlichten Informationen sind besorgniserregend, wobei das Problem in Mazedonien noch weit schlimmer ist, weil die verschiedenen Geheimdienste sehr für politische und parteipolitische Ziele mißbraucht wurden. Dazu zählen das illegale Abhören von 20.000 Bürgern, wobei wir auch einer der wenigen Staaten sind, in denen der Chef des Geheimdienstes den Regierungschef bespitzeln ließ. Dadurch zerstört man die Geheimdienste und öffnet einen breiten Raum in den ausländische Geheimdienste eindringen können. Daher zählt zu unseren großen Reformvorhaben auch die Reform der Dienste wie des Geheimdiensts zu Gegenaufklärung und des militärischen Geheimdienstes. All diese Dienste müssen für die Bürger und nicht für einzelne oder andere Staaten arbeiten."

Hinzu kommt die völlige Verpolitisierung der Justiz; ohne minimale Erfolge bei der Stärkung von Rechtsstaat und Medienfreiheit wird Skopje die Anforderungen der NATO nicht erfüllen können. Doch auch die Streitkräfte müssten wieder auf NATO-Standard gebracht werden, betont Radmila Sekerinska:

„In den acht Jahren seit dem NATO-Gipfel in Bukarest verloren die Reformen an Dynamik. Ein Teil verharrte im Status quo, was de facto Rückschritt bedeutet, bei anderen Bereichen gab es sogar Rückschritte. So gibt es viel zu tun, bei der Modernisierung und Professionalisierung der Streitkräfte. Hier muss die Armee zeigen, dass sie wieder auf NATO-Kurs ist. Wenn wir all das umsetzen kann sich uns wieder die Chance eröffnen, dass wir an den Verhandlungstisch zurückkehren, an dem über die NATO-Mitgliedschaft entschieden wird."

Mit raschen Erfolgen und einem raschen NATO-Beitritt ist nicht zu rechnen; einerseits will die sozialdemokratisch geführte Regierung eine allfällige Lösung im Namensstreit durch eine Volksabstimmung absegnen lassen; anderseits muss davor auch noch Griechenland einem Kompromiss zustimmen, der ohne massiven Einsatz von USA und anderen gewichtigen Mitgliedern von NATO und EU nicht zu erreichen sein wird. Die Besuchsdiplomatie der kommenden Monate wird ein Indiz dafür sein, wie sehr der Westen tatsächlich bestrebt ist, das Mazedonien-Problem zu entschärfen, um den Einfluss Russlands am Balkan weiter einzudämmen
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