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Präsidentenwahl als Zitterpartie mit Folgen

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Wiener Zeitung
Berichte Nord-Mazedonien
Die Stichwahl für das Amt des mazedonischen Präsidenten war bis zuletzt eine Zitterpartei - allerdings nicht wegen der Frage des Siegers, sondern wegen der Wahlbeteiligung und damit der Gültigkeit der Wahl. Der Sieger, der 49-jährige Politologe und Universitätsprofessor George Iwanow, der Kandidat der konservativen Regierungspartei, stand schon bald fest. Iwanow gewann 438.000 Stimmen (63 Prozent); sein sozialdemokratischer Gegenkandidat Ljubomir Frckoski erlitt mit 252.000 Stimmen (37 Prozent) eine klare Niederlage. Iwanows Hauptgegner war daher die 40-Prozent-Hürde aller Wahlberechtigten, die mit 42,86 Prozent knapp übersprungen wurde. Dafür gibt es zwei Gründe: erstens boykottierten die Albaner, die ein Viertel der zwei Millionen Einwohner ausmachen, weitgehend die Stichwahl. So nahmen in der albanisch geprägten Stadt Tetovo fast doppelt so viele Wähler an der Stichwahl um das Amt des Bürgermeisters als an der Präsidentenwahl teil. Der zweite Grund sind die veralteten Wählerlisten. Auf 2,1 Millionen Bürger kommen 1,8 Millionen Wähler über 18 Jahre; das sagt alles und zeigt gleichzeitig, wie weit der Weg Mazedoniens zum Rechtsstaat noch ist.

Die Verantwortung für Reformen und im Kampf gegen Korruption und Kriminalität trägt seit Sonntag in Mazedonien praktisch nur die konservative Partei. Denn die Sozialdemokraten verloren nicht nur die Präsidentenwahl. Die wahre Dimension ihrer Niederlage zeigen die Lokalwahlen. Von 85 Gemeinden stellen die Konservativen nun in Skopje und mehr als weiteren 50 Gemeinden den Bürgermeister. Doch auch die Partei DUI, der albanische Koalitionspartner der Konservativen, verlor drei wichtige Städte; zwei an die Opposition, eine an eine neue albanische Partei, die auch Mazedoniern offen steht. Die Niederlage von DUI könnte sich mittelfristig auf die Stabilität der Regierung auswirken, obwohl die Konservativen allein im Parlament die absolute Mehrheit stellen. Dabei braucht Mazedonien endlich politisch stabile Verhältnisse, nicht zuletzt um den Streit mit Griechenland um den Staatsnamen zu lösen. An diesen Streit scheiterte bereits der NATO-Beitritt, doch die Integration in NATO und EU ist entscheidend für die Stabilität des Vielvölkerstaates. Ob dieser Wahl mit der Wahl von George Iwanow leichter zu lösen sein wird, ist fraglich. Iwanow und die Konservativen empfinden die Politik Griechenlands und der EU gegenüber Mazedonien (teilweise zu Recht) als erpresserisch und als ein Messen mit zweierlei Maß; das erschwert die Realpolitik, die den Sozialdemokraten zu eigen ist, wonach kleine Staaten auch „Ungerechtigkeiten“ in Kauf nehmen müssen, wenn sie einem Klub (EU/NATO) beitreten wollen, in dem größere Nachbarn bereits vertreten sind.

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