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Interview mit dem mazedonischen Generalstabschef

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Berichte Nord-Mazedonien


Beim NATO-Gipfel, der heute in Bukarest beginnt, sollen auch drei Staaten des Balkan zum Beitritt eingeladen werden. Sicher gilt dies für Kroatien und Albanien; unsicher ist die Einladung für Mazedonien, aber nicht weil die ehemalige jugoslawische Teilrepublik etwa NATO-Kriterien nicht erfüllt, sondern wegen des Namensstreits mit Griechenland. Athen droht mit bis zuletzt mit einem Veto, weil es Mazedonien vorwirft, durch seinen Staatsnamen kulturelle Hegemonieansprüche und möglicherweise auch territoriale Ansprüche auf Nordgriechenland zu erheben. Verhandlungen blieben bis jetzt erfolglos. Anderseits hat Mazedonien viele politische Reformen durchgeführt. Erst sieben Jahre ist es her, dass ein Aufstand der albanischen Minderheit Mazedonien an den Rande des Bürgerkriegs führte, nunmehr steht das Land vor den Toren der NATO und hat den Status einen EU-Beitrittskandidaten. Über die Reform der Streitkräfte hat in Skopje unserer Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz mit dem Generalstabschef gesprochen, hier sein Bericht:

Der mazedonische Generalstabschef, der 48-jährige Miroslav Stojanovski, ist ein Offizier, der noch aus der alten Jugoslawischen Volksarmee hervorgegangen ist. Militärgymnasium in Belgrad sowie Militärakademie in Belgrad und Skopje standen am Beginn, 1998 absolvierte Stojanovski auch das Nato-College in Rom. Seit 2005 ist der Infanterieoffizier Chef des Generalstabes. Zu seinen Aufgaben zählt die Umsetzung des Friedensvertrages vom Ohrid, der 2001 den Albaner-Aufstand beendete; der Vertrag sah auch eine bessere Vertretung nationaler Minderheiten vor:

„Im Jahre 2001 betrug die Anzahl aller nationalen Minderheiten in den Streitkräften fünf Prozent. Derzeit unterschiedet sich die Präsenz nach dem Ausbildungsstand; Personal mit hoher Qualifikation braucht viel mehr Ausbildung und Übung; in dieser Kategorie haben wir etwa 16 Prozent Angehörige nationaler Minderheiten; bei den Unteroffizieren sind es 30 Prozent, und bei den Berufssoldaten 31 Prozent. Mit Recht kann man daher sagen, dass die Streitkräfte die staatliche Institution mit dem höchsten Anteil von Minderheiten sind.“

… sagt Miroslav Stojanovski, der betont, dass nicht die Nationalität, sondern die Qualität eines Soldaten entscheiden ist. In diesem Sinne wurden die Wehrpflicht ausgesetzt und die Streitkräfte zu einer Berufsarmee umgewandelt. Sie umfasst 7.700 Soldaten, davon sind 90 Prozent Infanteristen. Um die NATO-Tauglichkeit zu erfüllen müssen die Streitkräfte Mazedoniens, das zwei Millionen Einwohner hat, klein, mobil, finanzierbar und interoperabel sein. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde auch das NATO-Programm Partnerschaft für den Frieden genutzt; das betrifft etwa die Sprachausbildung, erläutert Stojanovski:

„Derzeit lernen 320 Angehörige der Streitkräfte intensiv englisch; doch das ist nicht die einzige Sprache. Abgesehen von Englischkursen, die von den USA und Großbritannien finanziert werden, lernen die Soldaten auch Türkisch, Französisch, Deutsch, Italienisch und Griechisch. Mit anderen Worten: für all jene Staaten, wohin wir Soldaten zur Ausbildung schicken wollen, werden zuvor Vorbereitungen getroffen.“

Besonders eng ist die regionale Zusammenarbeit Mazedoniens mit Albanien und Kroatien, die 2003 unter Federführung der USA vereinbart wurde, um alle drei Staaten gemeinsam an die NATO heranzuführen. Gemeinsam dienen Soldaten dieser drei Länder in einer medizinischen Einheit in Afghanistan, hinzukommen Austausch und gemeinsame Ausbildung im Rahmen der NATO und auf bilateraler Ebene. Und was bringt die Nato-Mitgliedschaft? Miroslav Stojanovski:

„Die NATO-Mitgliedschaft bringt Mazedonien vor allem mehr Sicherheit; hinzukommen die Garantie der Unverletzlichkeit der Grenzen, eine Verbesserung des Wirtschaftssystems im Sinne einer Verbesserung des Investitionsklimas und damit ein besseres Leben und einen besseren Standard für die Bürger. Wenn man die Länder sieht, die bei der letzen Erweiterung NATO-Mitglieder geworden sind, ist mehr als klar, dass wirtschaftliche Prosperität und Wohlstand bestehen.“

All das zeigt, wie wichtig gerade jetzt der NATO-Beitritt für die regionale Stabilität wäre und ist. Denn auf dem Weg Richtung EU machen Mazedonien und der Balkan viel weniger Fortschritte und die politische Lage im Kosovo und in Serbien ist nach wie vor sehr instabil.

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