Österreich führend bei Justizreform im Westbalkan
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Berichte Nord-Mazedonien
Die Staaten des sogenannten Westbalkan sind auf ihrem Weg Richtung EU unterschiedlich weit fortgeschritten. Kroatien ist Beitrittskandidat, Mazedonien strebt nach diesem Status, während Bosnien, Serbien, Montenegro und Albanien bei der EU-Annäherung vielfach fast noch am Anfang stehen. Unterschiedlich entwickelt sind in diesen Staaten Justiz und Gerichtswesen. So wird etwa in Kroatien mit österreichischer Hilfe das Grundbuch reformiert und die Institution des Rechtspflegers eingeführt. In Serbien unterstützt Österreich ebenfalls die Reform des Grundbuches und des Katasterwesens. Ziel dieser Unterstützung ist nicht nur die Heranführung dieser Staaten an die EU, sondern auch die Erhöhung der Rechtssicherheit. Davon profitieren wiederum auch österreichische Firmen, die massiv im ehemaligen Jugoslawien tätig sind. Trotz aller Unterschiede haben diese Staaten sowie Albanien auch gemeinsame Probleme, die Österreichs Justizministerin Karin Miklautsch so beschreibt:
„Die Grundprobleme dieser Gerichtsbarkeiten sind einerseits die noch vielfach vorhandene Korruption, anderseits die überlangen Verfahrensdauern, dann aber auch die teilweise nicht unbedingt gute Ausbildung der Richterschaft und teilweise auch das System, wie diese Richter bestellt werden.“
Miklautsch hat in der mazedonischen Hauptstadt Skopje jüngst den Startschuss für ein auf drei Jahre angelegtes EU-Projekt gegeben. Es wird vom Justizministerium mit dem Center of Legal Competence in Wien abgewickelt. Dieses Rechtskompetenzzentrum hat einen Arbeitsplan erstellt, der vier Bereiche umfasst und mit anderen EU-Staaten umgesetzt wird. Gestärkt werden sollen im Westbalkan Unabhängigkeit und Effizienz der Gerichte sowie die Kenntnis des EU-Rechts und die regionale Zusammenarbeit. Dazu sagt der mazedonische Justizminister Idzet Mehmeti,
„Nur durch einen regionalen Zugang können wir effizienter werden, einander kennen lernen, die Erfahrungen austauschen und schneller Fortschritte machen. Das ist im Interesse der Region und der EU. Denn durch derartige Projekte können wir die Schwächen feststellen, die verschiedene Justizsysteme in der Region haben, können diese Systeme verbessern und viel kompatibler machen mit der Rechtsordnung EU.“
Effizienter werden muss in Mazedonien etwa das Konkursrecht. Konkursverfahren dauern mehr als drei ein halb Jahre. Zwar haben die 650 Richter Mazedoniens im Jahre 2003 etwa 700.000 Fälle vom Verkehrsdelikt bis zum Mord erledigt, doch noch immer sind 1,5 Millionen Fälle offen. Neue Mahnverfahren und Prozessordnungen, eine bessere Ausstattung und Ausbildung der Gerichte und Richter sind daher notwendig. Dazu sagt Dane Iliev, Präsident des Obersten Gerichtshofes in Mazedonien:
„Notwendig ist die Bildung von spezialisierten Gerichten und zwar nach der Art der Rechtsmaterie. Das sind Handelsgerichte, Verwaltungsgerichte sowie Gerichte, die sich mit schweren Straftaten befassen wie Organisierte Kriminalität, Waffen- und Drogenhandel. Diese Spezialisierung soll eine ausreichend gute Ausbildung und Rechtssprechung der Gerichte ermöglichen.“
Notwendig ist in Mazedonien aber auch eine stärkere Vertretung der albanischen Volksgruppe und anderen Minderheiten in der Justiz. Nur fünf Prozent aller Jusitz-beamten sind keine Mazedonier. Vor allem die mehr als 20 Prozent Albaner haben nun das Recht, ihre Muttersprache in Verfahren zu verwenden. Fast 40 Gerichtsdolmetscher sind dazu bereits ausgebildet worden. Die Justizreform dient damit auch der Befriedung der albanischen Volksgruppe. Sie soll dazu beitragen, dass Mazedonien nach Kroatien im Jahre 2009 und dem EU-Mitglied Slowenien als nächstes Land des ehemaligen Jugoslawien der EU beitreten kann.