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Mazedonien wählt

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Berichte Nord-Mazedonien
In der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik Mazedonien finden heute vorgezogene Präsidentenwahlen statt. Die Wahl wurde notwendig, weil der bisherige Präsident Boris Trajkovski Ende Februar bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen ist. Um seine Nachfolge bewerben sich vier Kandidaten. Es sind dies zwei Mazedonier und zwei Albaner. Wahlberechtigt sind 1, 7 Millionen Bürger Mazedoniens. Aus Skopje berichtet über die Präsidentenwahl Christian Wehrschütz:

Obwohl es in Mazedonien vier Bewerber für das Amt des Präsidenten gibt, haben nur zwei Kandidaten wirklich eine Chance gewählt zu werden. Es sind dies Ministerpräsident Branko Crvenkovski und der Herzspezialist Sasko Kedev, der für die mazedonische Opposition ins Rennen geht. Ihnen sagen Umfragen die größten Chancen voraus, die Stichwahl in zwei Wochen zu erreichen. Dass es zu einem zweiten Wahlgang kommt, ergibt sich aus dem Wahlgesetz. Demnach ist ein Kandidat im ersten Durchgang nur gewählt, wenn mehr als die Hälfte aller Wähler abstimmen und ein Bewerber die absolute Mehrheit erhält. Diese Bedingung ist bei vier Kandidaten praktisch nicht zu erfüllen. Für den zweiten Wahlgang genügt die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wobei wieder mehr als die Hälfte aller Wähler abstimmen muss, damit die Wahl gültig ist. Scheitert die Wahl, so muss sie binnen 14 Tagen wiederholt werden. Für den zweiten Wahlgang sind somit die 300.000 Wähler der albanischen Minderheit von doppelter Bedeutung. Sie sind wichtig wegen der Wahlbeteiligung und weil nur der mazedonische Bewerber gewinnt, der die meisten Albaner für sich gewinnen kann. Beherrschende Themen des Wahlkampfes waren der Weg Richtung EU und NATO sowie innenpolitische Themen. Ende März hat Mazedonien die Mitgliedschaft bei der EU beantragt, die für das Jahr 2010 angepeilt wird. Der Beitritt zur NATO wird bereits bis zum Jahre 2007 angestrebt. Während der Zeitplan für die EU wohl unrealistisch ist, wird der NATO-Beitritt nur erreichbar sein, wenn die Aussöhnung zwischen mazedonischer Mehrheit und albanischer Minderheit vollständig gelingt. Denn monatelange Gefechte zwischen beiden Volksgruppen konnten NATO und EU im August 2001 nur mit Mühe stoppen. Zwar ist das Friedensabkommen von Ohrid gesetzlich weitgehend umgesetzt, doch die Umsetzung vor Ort ist weniger weit gediehen. Hinzu kommt die schwierige soziale und wirtschaftliche Lage. Etwa jeder Dritte Bewohner Mazedoniens ist arbeitslos und die Auslandsinvestitionen sind bisher weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Verzögert hat den Reformprozess auch der Präsidentenwahlkampf. Für den Sieg von Regierungschef Branko Crvenkovski sind sechs Minister im Einsatz und das hemmt die Regierungsarbeit. Mit der Kritik an diesem Reformstillstand hat auch Crvenkovskis Herausforderer Sasko Kedev am stärksten bei den Wählern punkten können. Hinzu kommt, dass im Falle eines Sieges von Crvenkovski ein neuer Regierungschef und ein neuer Vorsitzender der Sozialdemokratischen Union gewählt werden muss, denn beide Ämter hat derzeit der 41-jährige Crvenkovski inne. Bis zur politischen Sommerpause sind somit kaum zügige Reformen zu erwarten, und im Herbst werden die Lokalwahlen das dominante Thema sein. Erst nach ihrem Ausgang werden die politischen Kräfteverhältnisse und die Stabilität Mazedoniens wirklich seriös zu bewerten sein und die Reformen wirklich fortgesetzt werden.

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